Sicher ist sicher - rein statistisch
Sachsen überprüft Bewerber im Security-Bereich - doch stimmen die Analysen?
Allein im vergangenen Jahr wurden in Sachsen knapp 3000 Bewerber für einen Security-Job vom Verfassungsschutz überprüft. Die Branche boomt. In ihr sind bundesweit rund eine Viertelmillion Mitarbeiter beschäftigt. Bereits vor drei Jahren - so letzte Zahlen - lag der geschätzte Umsatz bei rund 6,9 Milliarden Euro.
Die Masse der Mitarbeiter ist pflichtbewusst. Eine Klage aber lautet: Besonders bei Fußballspielen oder Konzerten werden Ordner aus der rechten Szene eingesetzt. Medienrecherchen ergaben beispielsweise, dass im engsten Umfeld der kriminellen »Freien Kameradschaft Dresden« Wachdienstmitarbeiter zu finden waren. Für Erschrecken sorgen Meldungen darüber, dass Neonazis in Asylbewerberheimen als Ordnungspersonal zum Zuge kamen.
2016 reagierte die Bundesregierung und verschärfte die Vorschriften. Wer ein Sicherheitsunternehmen gründen will, muss eine sogenannte Sachkundeprüfung bei der Handelskammer ablegen. Auch leitendes Personal bei Großveranstaltungen und in Flüchtlingsheimen soll sich prüfen lassen. Einfache Mitarbeiter müssen wie ehedem nur 40 Stunden ohne abschließende Prüfung »absitzen«. Die Bestimmung sagt auch, dass Firmengründer in den zehn vorangegangenen Jahren nicht Mitglied in einer verbotenen Organisation gewesen sein dürfen. Und eine Verurteilung vor allem wegen Menschenhandels, Diebstahls, Unterschlagung, vorsätzlicher Körperverletzung sowie Erpressung und Hehlerei ist ein Verweigerungsgrund. Alle drei Jahre findet eine Zuverlässigkeitsprüfung statt. Doch ist die zuverlässig? Beispiel Sachsen.
2017 richteten die Gewerbebehörden im Freistaat 2979 Überprüfungsbitten an das Landesamt für Verfassungsschutz. So steht es in der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz (LINKE). Addiert man die Überprüfungen der vergangenen zehn Jahre, kommt man auf rund 22 000 Überprüfungen.
Freistaats-Innenminister Roland Wöller (CDU) teilte mit, dass »keine wegen bekannter Bezüge zur extremen Rechten unzuverlässigen Personen« im Bewachungsgewerbe tätig seien. Genaues Hinschauen lohnt! Wöller bezieht sich bei der forschen Aussage lediglich auf die »Kenntnis der Gewerbebehörden«, nicht auf die des Geheimdienstes. Dennoch, die Statistik scheint Wöllers Aussage zu stützen, dass Rechtsextremisten im Sicherheitsgewerbe kein Problem sind. Nur bei 264 der abgefragten Personen habe sich ein Bezug zum Rechtsextremismus gezeigt. Das entspricht rund 1,2 Prozent. Bei den 2979 Abfragen im vergangenen Jahr gab es im Bereich Rechtsextremismus 42 »Treffer«. Nimmt man erkannte Personen aus dem Bereich Ausländerextremismus und Reichsbürger hinzu, so kommt man auf 48 sogenannte Erkenntnismitteilungen.
Vorsicht ist dennoch angesagt, denn die Zahlen lassen keine Aussagen darüber zu, wie stark rechte Kameraden im Security-Bereich bereits präsent sind. Zudem behält der Verfassungsschutz alle bei den Überprüfungen anfallenden Erkenntnisse, die »nicht gerichtsverwertbar« sind, für sich.
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