Olympische Gedanken

Bernd Zeller über die schöne Einheitsstimmung zwischen Nord und Süd, Führung und Basis

  • Bernd Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Unser heutiger Bericht beschäftigt sich mit der Annäherung zweier in Nord und Süd unterschiedenen Bereiche, die sich bislang in durch eine harte Grenze strikt getrennten Territorien gegenüberstehen und, womöglich inspiriert durch den olympischen Gedanken, einander wieder annähern und womöglich gar wiedervereinigen wollen. Die Rede ist natürlich von der möglichen Kooperation oder gar Zusammenlegung von Aldi Nord und Aldi Süd.

Zwar sind die zwei Gebiete bislang streng voneinander abgegrenzt, haben aber keine unterschiedlichen Systeme. Es ist nicht etwa so, dass im einen Sektor die Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und im anderen die soziale Gerechtigkeit herrscht; beide konzentrieren sich eher auf den Teil mit der Versorgung, was ja auch nicht ganz unwichtig ist, nur nicht so sehr ins Bewusstsein tritt, solange es als gegeben und gesichert angesehen werden kann. Zudem ist zum Beispiel der Milchpreis gerecht aus Sicht der Käufer, aber weniger aus Sicht der Kuhhalter. Die Kühe selbst werden gar nicht gefragt, obwohl sie die Haupttätigkeit bei der Milchproduktion verüben. Über ihre Lage ist ohnedies wenig bekannt; es ist wohl davon auszugehen, dass ihre Kälbchen in der Ganztagsbetreuung sind, damit das Muttertier der Karriere als Milchkuh nachgehen kann. Man sieht aber auch, dass den weiblichen Rindern ein Aufstieg in höhere Funktionen versagt bleibt, sofern man sich billige Scherze über politisches Personal verkneift in Anbetracht des Endes der Karnevalszeit. Jedenfalls sind die Kühe auf der Weide, die den glücklichen Autofahrern und Spaziergängern nachgucken, nicht repräsentativ für die Gruppe der milchgebenden Fachkräfte, denn solche stehen eher mit dem Status von Praktikanten im Stall. Man sollte die Tiere wenigstens so intelligent züchten, dass sie sich die Zeit mit Sudoku vertreiben können. Die Kühe im Freigang sind sozusagen die privilegierten Vorzeigekräfte und sollen einen glücklichen Anschein erwecken, den man auch wieder beim Eingießen der Milch aus dem Tetrapak erhalten soll. Aber wie es in den Kühen tief drin aussieht, danach fragt keiner. Dabei ist allgemein bekannt, dass glückliches Aussehen nichts über den wirklichen mentalen Zustand aussagt. Hier könnte eine Konkurrenz zwischen zwei Filialen verschiedener Aldis belebend auf das Verbraucherbewusstsein wirken; wenn sich der Preis nicht weiter absenken lässt, könnte damit geworben werden, welche Kuh die glücklichere ist oder wenigstens die bessere Work-Life-Balance hat. Die Erhebung und Auswertung diesbezüglicher Daten dürfte unproblematisch sein, Verbraucherschutzminister ist Heiko Maas.

Dass es überhaupt zu einer Unterteilung des Handelsunternehmens der Aldi-Brüder gekommen war, lag seinerzeit an Zigaretten. Der eine wollte welche verkaufen, der andere war dagegen. Das war, bevor es diese Warnaufdrucke auf den Zigarettenpackungen gab, es lag also nicht daran, dass der andere bloß keine negativen Botschaften in den Regalen gewollt hätte. Wenn nun demnächst die Drogen legalisiert werden, könnte es erneut einen Konflikt geben, etwa darum, ob der Stoff fair gehandelt wurde. Wie wir Aldi kennen, werden die Dealer, die Aldi beliefern, gar nichts mehr daran verdienen und vielleicht noch draufzahlen. Darüber wird sich niemand aufregen, weil man sich bei Aldi günstig zudröhnen kann.

Doch nicht nur der berauschte Zustand, auch die Tatsache der Verständigung kann inspirierend wirken, zum Beispiel auf Nord- und Südkorea oder auf die neue Großkoalition. Die Konsensregierung ist der Urzustand, der durch spalterische Elemente zerstört worden war und nun wieder zusammengefügt wird. Angela Merkel ist die Kanzlerin der Einheit.

Diese schöne Einheitsstimmung sollte nun endlich auch innerhalb der Regierungsparteien zu einer Wiedervereinigung zwischen jeweiliger Führung und Mitgliederbasis führen. Oder auch nur zur Verständigung.

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