Wo Sachsens letzter König untertauchte
Die Staatsbäder Bad Elster und Bad Brambach boomen - sie gelten als Wirtschaftsmotor des oberen Vogtlandes
Vor 100 Jahren tauchte der letzte sächsische König, Friedrich August III., im Vogtland unter - und zwar in der Königlichen Badekabine. In Bad Elster kurte er zwischen 1910 und 1918 regelmäßig mit seiner Familie, schon damals galten die Mooranwendungen und Heilwasser als gesundheitsfördernd. Das ist bis heute so geblieben. »Die Staatsbäder sind eine wichtige Wirtschaftskraft in der Region. Ohne sie würde es im oberen Vogtland dürftig aussehen«, erklärt der Präsident des Sächsischen Heilbäderverbandes, Karl-Ludwig Resch.
Die Zahl der Mitarbeiter ist den Angaben zufolge gestiegen und liegt derzeit bei rund 200 Beschäftigten. 760 000 Besucher übernachteten im Rekordjahr 2016 in den Sächsischen Staatsbädern, zu denen neben Bad Elster das 15 Kilometer entfernte Bad Brambach gehört. Zahlen für 2017 liegen noch nicht vor.
Größere Industrieunternehmen hätten sich eher im nördlichen Vogtland in den Gewerbegebieten entlang der Autobahn angesiedelt. Die Staatsbäder liegen dagegen in weitgehend intakter Natur. Verbandspräsident Resch: »Zum Vorteil für den Gesundheitstourismus hier, der in attraktiver Umgebung ganzjährig ein Angebot bietet und dadurch auch hoch qualifiziertes Personal vor Ort halten kann.«
Nach der Wende hätten sich die Staatsbäder - wie viele andere Kurorte auch - zunächst in Wellness-Orte verwandelt, um zu überleben. Inzwischen setzt man aber wieder auf die Themen »Gesundheit, Kur und Prävention«. Denn damit hat man laut Resch eine jahrhundertelange Erfahrung: In diesem Jahr erinnern die zwei vogtländischen Kurorte daran, dass vor 200 Jahren hier die ersten Mineralheilwasserbäder verabreicht wurden und Bad Elster vor 170 Jahren den Titel Königlich-Sächsisches Staatsbad erhielt.
Nach Angaben des Finanzministeriums in Dresden ist die Sächsische Staatsbäder GmbH als hundertprozentige Tochter des Freistaates viel profitabler geworden, seit sie sich neu ausgerichtet hat. Sprecher Stephan Gößl betont, seit der Rückbesinnung auf die Gesundheits- und Kurtradition vor acht Jahren habe sich der Umsatz mehr als verdoppelt, von 3,9 Millionen Euro auf 8,7 Millionen Euro im Jahr 2016.
Die größte Umsatzsteigerung brachte die Eröffnung der neuen Soletherme vor gut zwei Jahren. Deshalb bauen die Staatsbäder den Angaben zufolge weiter auf die natürlichen Heilmittel: die Mineralheilquellen, das Naturmoor und die Radonquelle.
Der Anteil der Gäste, die in Bad Elster und Bad Brambach ihren Aufenthalt privat finanzieren, ist in den vergangenen Jahren auf rund 95 Prozent gestiegen, berichtet Steffi Schlosser, Pressesprecherin der Sächsischen Staatsbäder GmbH. Kurgäste, deren Aufenthalt von Krankenkassen finanziert wird, machten nur noch fünf Prozent aus. Durchschnittlich verbringen die privaten Gäste drei bis sechs Tage in den Kurorten. Laut Resch lassen Gesundheitstouristen weiteres Geld in der Region - nicht nur durch die Übernachtungen, sondern auch in der Gastronomie und bei den Kulturangeboten.
Auf eine Kombination aus Kur und Kultur setzen Staatsbäderchef Gernot Ressler und Florian Merz, der Generalmusikdirektor der zugehörigen Chursächsischen Veranstaltungs GmbH, schon seit Langem. Rund 1000 Kulturveranstaltungen finden pro Jahr statt. Der Kulturumsatz steigt den Angaben zufolge seit Jahren an und liegt derzeit bei 1,6 Millionen Euro.
Ein Problem werde der Fachkräftemangel bleiben, betont Resch zugleich. »Der betrifft die verschiedensten Berufe und ist wahrscheinlich kein vorübergehendes, sondern ein strukturelles Problem.« Auch der Anteil von tschechischen Mitarbeitern ist noch gering, trotz der Grenznähe der beiden Kurbäder. Laut Sprecherin Schlosser beschäftigen die Staatsbäder derzeit nur sechs Mitarbeiter aus Tschechien. dpa/nd
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