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Beeindruckende Ruhe
Der Meister aus München gönnte der TSG Hoffenheim beim 5:2 nur kurz etwas Hoffnung
Arm in Arm und vergnügt miteinander plauschend verließen Jupp Heynckes und Julian Nagelsmann das Podium. Es wirkte fast schon wie ein freundschaftlicher Austausch zwischen dem ältesten und dem jüngsten Bundesligatrainer. 42 Jahre oder 15 415 Tage trennen den 72 Jahre alten Heynckes und den 30-jährigen Nagelsmann, die größte Altersdifferenz zwischen zwei Trainern in der Bundesligageschichte. Dass sie neuerdings untereinander auf ein paar Förmlichkeiten verzichten, liegt wohl auch daran, dass sie sich in ihrer Lehre verbunden fühlen. »Jetzt darf ich Jupp sagen.
Vorm Spiel habe ich ihn noch gesiezt«, berichtete Nagelsmann von seiner neuen Gesprächsebene mit Heynckes, nachdem er seine Glückwünsche an den FC Bayern und »an Jupp« nach dem 5:2 (2:2) des Meisters gegen die TSG Hoffenheim vom Podium aus öffentlich übermittelt hatte. Durchaus Respekt abgenötigt hatte Heynckes offenkundig zunächst auch der Vortrag der Gäste, die unter Nagelsmann in den vorherigen drei Spielen gegen die Münchner ungeschlagen geblieben waren. Und auch im ersten Vergleich zwischen Heynckes und Nagelsmann sah es anfangs nach einer Fortdauer dieser Serie aus. Die mutig anlaufenden Gäste waren früh in Führung gegangen, nachdem Joshua Kimmich den an Hoffenheim ausgeliehenen Serge Gnabry elfmeterreif behindert hatte. Sven Ulreich parierte danach zwar Gnabrys Strafstoß, doch Mark Uth staubte zum 0:1 ab (3.). Und als Gnabry mit einem präzisen Distanzschuss rasch das 0:2 folgen ließ (12.), stand erstmals ein Münchner Misserfolg in der eigenen Arena in Aussicht.
»Der Gegner hat das sehr gut gemacht«, lobte Heynckes später und verteilte zahlreiche Komplimente an seinen jungen Kollegen, teils direkt, teils indirekt. Er sagte, trotz der erzwungenen Wende zum 18. Sieg im 19. Pflichtspiel unter seiner Regie durch die fünf Bayern-Tore von Robert Lewandowski (20.), Jérôme Boateng (25.), Kingsley Coman (63.), Arturo Vidal (66.) und den im Winter übergelaufenen Sandro Wagner (90.): »Hoffenheim hat von der gesamten Leistung und Organisation so gespielt, wie ich sie im letzten Jahr gesehen habe.« Geformt habe Nagelsmann »eine Mannschaft, die gut organisiert und strukturiert ist, die die Räume gut nutzt, die der Gegner ihr lässt, und die sehr konterstark ist.« Dennoch sei er »insgesamt zufrieden, obwohl ich ein Trainer bin, der am liebsten zu Null spielt«, sagte Heynckes und begründete seine Nachsicht mit einem weiteren indirekten Lob an den Kollegen: »Aber das war heute ein starker Gegner.«
Nagelsmann lauschte den Schmeicheleien, doch mehr als das »Du« und zwei Kernerkenntnisse konnte er nicht mitnehmen aus dem Spiel gegen den FC Bayern. Die dürften auch für die übrigen Bundesligisten ermutigend und deprimierend zugleich gewesen sein. Gezeigt hatte sich, wie verwundbar die Bayern bei konsequentem Anlaufen sind, vor allem dann, wenn sie noch nicht ganz bei der Sache zu sein scheinen. Gezeigt hatte sich aber auch, dass die Bayern selbst nach einem 0:2-Rückstand in der Lage sind, mit Wucht und Klasse einen Gegner noch auseinanderzunehmen, jedenfalls in den nationalen Wettbewerben.
Neuzugang Wagner hatte das zunächst von der Bank aus erlebt. Und wurde dort Zeuge des Münchner Selbstverständnisses. »Ich gucke nach rechts, ich gucke nach links, da ist keiner nervös geworden. Das ist halt der FC Bayern. Die machen einfach weiter. Das ist beeindruckend«, erzählte Wagner, nachdem er mit seinem ersten Bundesligator für Bayern die Schlusspointe gesetzt hatte.
Wenn der Lauf der Bayern anhält, dürfte Wagner bald auch Zeuge des frühesten Meistertitels in der Geschichte werden. »Eigenmotivation« sei wichtig, sagte Lewandowski, allein schon wegen der höheren Aufgaben: »Wir müssen versuchen, in der Bundesliga jedes Spiel zu gewinnen. Wir haben in den letzten Jahren gesehen: Wenn man samstags mit 80 Prozent spielt, dann kommt man in der Champions League nicht auf hundert Prozent.« Halten die Münchner und die Konkurrenten ihren jeweiligen Punkteschnitt, könnten sie bereits am 10. März nach dem fest eingeplanten Heimsieg gegen den Hamburger SV ihren sechsten Meistertitel hintereinander feiern. Arm in Arm mit Jupp. Nach dem 26. Spieltag, einen Spieltag früher als in der Saison 2013/14 unter Pep Guardiola.
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