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Absagen an Konferenz über Syrien
Exilopposition und Kurden boykottieren Sotschi
Die internationalen Bemühungen um ein Ende des Krieges in Syrien haben am Wochenende einen herben Rückschlag erlitten. Russland hat in Sotschi für diese Woche zu einem »Kongress des Nationalen Dialogs« eingeladen. Etwa 1600 Vertreter politischer Organisationen und andere Prominente aus Syrien und dem Exil sollen dort über einen Nachkriegsordnung debattieren, selbstverständlich auch Gegner des Präsidenten Baschar al-Assad. Am Sonnabend erklärte nun die wichtigste Oppositionskraft im Ausland, das Syrische Verhandlungskomitee (SNC), sie werde Sotschi boykottieren.
SNC-Sprecher Nasr Hariri begründete die Absage laut AFP damit, dass Damaskus auf eine »militärische Lösung« setze. Assad zeige keinen ernsthaften Verhandlungswillen. Die Erklärung erfolgte auf einer Pressekonferenz in Wien. Dort hatte sich der UNO-Sonderbotschafter Staffan de Mistura vergangene Woche vergeblich um eine Verständigung zwischen SNC-Abgesandten und Vertretern der syrischen Regierung bemüht.
Ein Dialog zwischen den Konfliktparteien kam jedoch nicht zustande. Der SNC, unterstützt von in Wien anwesenden Regierungsvertretern westlicher Länder sowie von arabischen Monarchien fordert als Vorbedingung weiterhin zuerst den Rücktritt Assads. Dazu ist Damaskus nicht bereit, zumal inoffiziell bekannt geworden war, dass jene Regierungen ein neues Staatsmodell für Syrien planten. Die USA, so hieß, planten mit Unterstützung von Saudi-Arabien, Jordanien, Großbritannien und Frankreich eine Stärkung des syrischen Ministerpräsidenten - und damit eine Schwächung Assads. Die Dokumente mit den Vorschlägen kursierten seit Sonnabend auf Arabisch und Englisch im Internet.
Der Verhandlungsführer der syrischen Regierung, Baschar al-Dschaafari, erklärte daraufhin am selben Tag laut AFP, es komme »schwarzem Humor« gleich, dass diese Staaten versuchten, über Syriens Zukunft zu bestimmen. »All diese Länder haben am Blutvergießen des syrischen Volkes teilgenommen.«
Noch eine weitere Absage hatten die russischen Gastgeber und die offiziellen Co-Einlader für Sotschi, Iran und Türkei, hinzunehmen: Auch Kurden wollen nicht kommen. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte am Montag voriger Woche angekündigt, dass - trotz Verärgerung der Türkei darüber - »Vertreter der Kurden« eingeladen würden. Nun erklärte die Regionalverantwortliche der halbautonomen kurdischen Region Afrin in Nordsyrien, Fawsa al-Jussef, am Sonntag, die andauernde türkische Aggression in Afrin widerspreche dem »Prinzip des politischen Dialogs«. Russland und die Türkei hätten sich über Afrin auf Kosten der Kurden verständigt. Das schließe einen politischen Dialog aus.
Ankara bestand auf der Feststellung, dass es sein Vorgehen in Syrien eng mit Moskau abgestimmt habe. Aus Russland gab es dazu bis zum Sonntagnachmittag keine Stellungnahme.
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