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Matthias Remmert: Computerspiele verbinden Generationen

  • René Gralla
  • Lesedauer: 5 Min.

Von Fans werden Sie schon ehrfürchtig die »Ikone« der deutschen Counter-Strike-Szene genannt. Wie fühlt sich das an?

Ein bisschen geadelt (lacht), und das freut mich natürlich. Mindestens genauso schön sind jedoch die Momente, wenn mich Leute auf irgendeinem Event ansprechen und sagen, wir haben deine Kommentare auf Youtube verfolgt, und das hat auch uns zum Gaming gebracht. Schließlich bin ich bereits seit 2001 dabei und habe mich komplett dem E-Sport verschrieben. Es sind nicht viele, die dermaßen lange durchhalten.

Um die Jahrtausendwende war Computerspiel weniger akzeptiert als heute, und es brauchte Mut, sich in dieser Richtung zu outen.

Andererseits war die Community seinerzeit relativ klein, so dass Außenstehende kaum etwas davon mitgekriegt haben. Aber klar, mit meinen Eltern gab es manche Streitereien - in der Anfangsphase war ich ja noch nicht volljährig! -, und dann wurde schon mal die Verbindung zum Rechner unterbrochen.

Mittlerweile dürfte Ihre Familie, nachdem Sie es mit dem Magazin »ran eSports« sogar zum TV-Sender ProSieben geschafft haben, stolz auf Sie sein.

Absolut, klar! Und mein Vater leistet von seiner Seite inzwischen echte Überzeugungsarbeit: Er spricht andere Eltern an - falls die sich laut sorgen, dass Tochter oder Sohn plötzlich am Computer sitzen und spielen - und versucht den Betreffenden zu erklären, dass die Kinder auf diese Weise später sogar spannende Jobs finden können.

Zu den Hauptthemen Ihrer Sendung gehören auch die eher strategischen Spiele Dota 2 und League of Legends sowie die Fußballsimulation FIFA. Was erwarten Sie von letzterer im WM-Jahr 2018?

Eine Menge. FIFA hilft auch ganz allgemein, den digitalen Sport zu popularisieren. Immer mehr Bundesligaklubs, von Schalke 04 bis zum VfL Wolfsburg, steigen ein und verpflichten Gamer als Profis. Die bringen den E-Sport auf Augenhöhe mit der analogen Konkurrenz.

Zurück zu Ihrer Spezialdisziplin Counter-Strike und der Nachfolgerversion Counter-Strike: Global Offensive, in der Szene kurz CS:GO genannt: Was macht da den besonderen Reiz für Sie aus ?

Counter-Strike war überhaupt der Auslöser, dass ich in den E-Sport eingestiegen bin. Weil mich eines Tages ein Klassenkamerad besuchte und mit dem besagten Game eine kleine LAN-Party startete, an zwei Rechnern, die ganze Nacht durch. Das hat wahnsinnig Spaß gemacht. Bald tat ich mich an der Schule mit Gleichgesinnten zusammen, um gemeinsam Counter-Strike zu zocken. Und diese Begeisterung hält bis heute an.

Wegen seiner Optik, die Angriffs- und Verteidigungsaktionen sehr realistisch abbildet, ist besonders CS:GO nicht unumstritten.

Außenstehende mögen das Geschehen auf dem Schirm manchmal krass finden, aber wir Gamer nehmen das anders wahr. Wir registrieren die Pixelfiguren nicht personifiziert als Gegner, sondern quasi als abstrakte Einheiten; das könnten meinetwegen auch viereckige Blöcke sein.

Mehr als anderthalb Jahrzehnte Counter-Strike - wird das nicht irgendwann langweilig?

Nein. Da ist zum einen die wechselnde Teambildung. Das ist wahnsinnig kommunikativ. Zum anderen fasziniert mich, dass nationale Grenzen im Internet ihre Bedeutung verlieren. Fans aus aller Welt formen beim E-Sport eine globale Community. Und dieser wichtige soziale Aspekt wird in der Zukunft sicher noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Am Computerscreen ist das alles vorstellbar, aber warum nun auch noch ein nationales TV-Format für digitales Spiel?

Damit wollen wir auch Menschen erreichen, die bisher mit dem E-Sport weniger in Berührung gekommen sind. Dank unserer Sendung kriegt ein Vater endlich mit, was der Nachwuchs in der Freizeit alles treibt. Und gleichzeitig ist das Magazin eine Art Wochenschau für solche Gamer, die sich aus Zeitgründen auf ein Spiel konzentrieren, aber zugleich wissen möchten, was sonst noch so läuft.

So gesehen verbinden Sie die Generationen per Game-TV?

Ja, das ist der Plan. Übrigens hängt die Leidenschaft für E-Sport nicht vom Geburtsdatum ab. Kürzlich wurden bei einem CS:GO-Wettkampf ein paar Schweden zu absoluten Kultstars, denn das Durchschnittsalter der Truppe lag bei 71 Jahren.

Das weist ja auf ungeahntes Entwicklungspotenzial im E-Sport hin. Ist Ihr Magazintitel »ran eSports«, wegen der Namensähnlichkeit zu einer bekannten Sportsendung als Kampfansage zu verstehen?

Das hängt die Sache vielleicht zu hoch auf. Aber ohne Zweifel liegt darin ein klares Bekenntnis des Senders: Der E-Sport wird ernst genommen und soll dem nichtdigitalen Sport gleichgestellt werden.

Ligawochenenden des digitalen Sports füllen inzwischen riesige Arenen. Ist das vielleicht nur eine Blase, die mal platzen kann?

Theoretisch kann alles scheitern. Aber ich bin zuversichtlich: Die jüngste Weltwirtschaftskrise ab 2007 hätte durchaus das Aus für die Szene bedeuten können, weil viele Sponsoren ausfielen. Doch der E-Sport hat überlebt, durch die Kraft der Community. Eine Garantie gibt es natürlich nie.

In er Szene sind Sie unter dem Nick »Knochen« bekannt. Wieso?

Das ist ein Souvenir aus Jugendtagen. Wer in unserer Clique etwas Cooles hinkriegte, erntete ein knurriges Lob: Er war der »Knochensack« der Stunde. Ich war das öfter, deshalb blieb der Name hängen. Als digitales Kürzel blieb dann eben der »Knochen«.

Weitere Infos: www.prosieben.de/tv/ ran-esports-professional-gaming- magazine

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