Neue Irritation im Fall Seehofer/Söder
Debatte um Amtszeit des Regierungschefs in Bayern
Bad Staffelstein. CSU-Spitzenkandidat Markus Söder rechnet weiterhin fest mit einer Übernahme der Regierungsgeschäfte von Horst Seehofer im ersten Quartal 2018. »Wir haben einen klaren Zeitplan vereinbart und darüber gibt es auch keinen Zweifel«, sagte er am Dienstag am Rande der Klausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz. Dies habe er am Vormittag auch noch einmal mit Seehofer abgestimmt. »Es bleibt alles bei dem, was wir vereinbart haben.«
Mitte Dezember hatten Seehofer und Söder vereinbart, dass innerhalb der ersten drei Monate des Jahres der Posten des Ministerpräsidenten von Seehofer an Söder übergehen soll. Seehofer bleibt aber CSU-Chef.
Über den vereinbarten und bei einem Parteitag beschlossenen Fahrplan hatte es nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes am Montag Irritationen gegeben, weil Seehofer dort nach Angaben mehrerer Sitzungsteilnehmer eine Übergabe erst nach Ostern und damit erst im April in Aussicht gestellt hatte. Nach Monaten eines internen Machtkampfes war die Partei Mitte Dezember gerade erst wieder zur Ruhe gekommen.
Derweil nimmt die bayerische Opposition den designierten Ministerpräsidenten Söder beim Wort und fordert eine Verfassungsänderung zur Amtszeitbegrenzung für den Regierungschef noch in diesem Jahr. SPD, Freie Wähler und Grüne begrüßten Söders Vorschlag am Dienstag unisono und verlangten, das Verfahren schnell in die Wege zu leiten. Die Verfassungsänderung solle der Bevölkerung am Tag der Landtagswahl im Herbst zur Abstimmung vorgelegt werden, argumentieren die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der drei Oppositionsparteien. SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher sagte dem Bayerischen Rundfunk, er sei »gespannt, ob die CSU den Vorschlag dann auch einbringen wird oder ob es nur eine Headline für die Medien war«. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger zweifelt ebenfalls an Söders Worten.
Söder hatte im »Münchner Merkur« vorgeschlagen, die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf maximal zehn Jahre zu begrenzen. Es sei »Zeit für ein neues demokratisches Kapitel in Deutschland«, und da solle Bayern Vorreiter sein. »Wie in Amerika oder Frankreich soll auch bei uns ein Regierungschef wissen, in welchen Zeitachsen er Dinge vollenden muss.« Eine Begrenzung wäre ein Signal, »dass es mehr ums Land als um die Person geht«. Die Begrenzung soll auch für ihn selbst gelten: »Ich möchte mich einsetzen, etwas durchsetzen und mich zerreißen für Bayern - aber die Zeit soll nicht unendlich sein.« Für eine Änderung der bayerischen Verfassung ist eine Zweidrittelmehrheit im Landtag nötig, außerdem muss das Volk bei einem Volksentscheid zustimmen. dpa/nd
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