Altstädte brauchen auch Zukunft

In die historischen Stadtkerne muss modernes Leben einziehen, um sie erhalten zu können

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Luther-Jahr 2017, in dem die Arbeitsgemeinschaft Städte mit historischen Stadtkernen des Landes Brandenburg ihr 25. Gründungsjubiläum beging, markierte eine Zäsur: Ging es bisher in erster Linie um die Rettung und Sanierung der häufig in ihrem Bestand bedrohten Altstadtkerne, so sollte fortan der Blick stärker in die Zukunft gerichtet werden. Denn mehr und mehr geht es inzwischen nicht nur in den 31 Mitgliedsstädten darum, das in den vergangenen Jahren sorgsam Sanierte, Rekonstruierte langfristig zu sichern.

Es war denn auch nichts weniger als eine Trendwende, die der AG-Vorsitzende, der Treuenbrietzener Bürgermeister Michael Knape, am Freitag in Potsdam in den Mittelpunkt seines Jahresausblicks für 2018 stellte. »Unsere Stadtkerne bieten gute Rahmenbedingungen für zeitgemäße Lebensqualität und mit der unverwechselbaren baulichen Qualität der Städte auch ein hohes Identifikationspotenzial«, sagt er. »Unsere Aufgabe ist es, die erreichten Qualitäten auch für zukünftige Generationen zu sichern.« In der Perspektive werde die Arbeitsgemeinschaft daher die Mitgliedstädte stärker bei der Bewältigung dieser langfristigen Aufgabe unterstützen.

Stadtkerne in Aktion

Das »Europäische Kulturerbejahr 2018« will die AG mit Ausstellungen und Vorträgen begleiten. Europa und das baukulturelle Erbe der Städte stehen 2018 unter dem Jahresthema »Europa in Stein gebrannt - Spurensuche in historischen Stadtkernen« .

Zum 15. Mal beteiligt sich die AG am Themenjahr von Kulturland Brandenburg mit Stadtraumausstellungen und Aktionen.

Die Aktion »Unser Denkmal des Monats 2018« veranschaulicht an zwölf Beispielen die europäischen Einflüsse in der Stadtgeschichte.

Eine Sommertheatertournee führt in historische Stadtkerne, sie sind auch die Kulisse der neuen »Verwunschenen Konzerte«. tm

Aus Knapes Sicht sollte diese Herausforderung in den Förderprogrammen von Land und Bund berücksichtigt werden. Dafür sei langfristig auch die Bereitstellung erheblicher öffentlicher Mittel erforderlich. Erhalt sei immer ein Zuschussgeschäft, Sanieren teurer als etwas Neues zu bauen. So sprach er sich für die Auflage eines Erhaltungsprogramms unter dem Dach der Städtebauförderung auf Bundesebene aus. Und er regte einen Fonds an, um Kommunen den Erwerb von »Problemimmobilien« in Innenstadtbereichen aus Privathand zu ermöglichen. Infolge »schwieriger Besitzverhältnisse« verfallende historische Gebäude belasteten Städte und Gemeinden erheblich.

Wie sehr derartige Probleme die Lebensqualität beeinträchtigten, hätten sich Vertreter der AG im vergangenen Jahr in der Stadt Lenzen (Prignitz) angesehen, so der Kommunalpolitiker. Im dortigen Sanierungsgebiet »Alter Stadtkern« stehen noch immer auf 18,4 Hektar bislang 49 Gebäude leer - zumeist Wohngebäude mit stadtbildprägendem Charakter, die häufig nicht einmal gesichert sind.

Auch Infrastruktur- und Bauministerin Kathrin Schneider (SPD) sieht Handlungsbedarf in der Immobilienpolitik, reagierte aber zurückhaltend auf zusätzliche Finanzprogramme. »Wir sind jetzt bei 94 Millionen Euro Bundes- und Landesmittel für die Städtebauförderung, das sind 16 Millionen mehr, als im Vorjahr«, betonte sie. »Die 24 Millionen Euro aus dem Denkmalschutzprogramm fließen dabei zum großen Teil in die Städte mit historischen Stadtkernen - das ist eine sehr gute Bilanz für das Jahr 2017.« Vom Bund erwarte sie, dass sie die Städtebauförderung in ihrer bisherigen Gesamthöhe von einer Milliarde Euro aufrechterhalte.

Schneider befasste sich mit der Frage, wie die Entwicklung der historischen Innenstädte in den kommenden Jahren voranzubringen wäre. Brandenburg lebe durch seine Städte und Gemeinden und die Menschen, die darin wohnen, erklärte sie. Es gehe also darum, die Altstädte attraktiv zu machen für Besucher, aber auch für Einwohner. Es gehe um Mobilität und Erreichbarkeit und darum, was es heiße, in Altstädten modern zu arbeiten und zu wohnen. Wie könne man Räume für Handwerk, Gewerbe und sogar Start-ups schaffen? »Dazu gehört auch die Antwort auf die Frage, wie die digitalen Möglichkeiten der ›Smart City‹ in den historischen Altstädten realisiert werden können.« Nur wenn Denkmäler auch genutzt würden, könnten sie auf Dauer erhalten werden, betonte die Ministerin. Dafür müssten in ihnen neben Wohnungen etwa soziale Einrichtungen untergebracht werden, um lebendige Stadtquartiere zu schaffen.

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