Humanitärer Korridor nach Italien
UNHCR evakuiert 162 Flüchtlinge aus Libyen
Die deutsche Seenotrettungsorganisation »Sea Watch« sprach von »Hoffnung«, der italienische Innenminister Marco Minniti von einem »historischen Tag«: Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR konnte an Weihnachten erstmals 162 Flüchtlinge aus libyschen Lagern direkt nach Italien evakuieren. Unter den Geflüchteten befanden sich vor allem Mütter, Missbrauchsopfer, unbegleitete Kinder, Kranke, Senioren und Menschen mit Behinderungen. Sie stammen aus den Ländern Äthiopien, Eritrea, Somalia und Jemen.
»Es wurde ein humanitärer Korridor von Libyen nach Europa eröffnet. Das ist ein Anfang«, sagte Minniti. Bis zu 10 000 Flüchtlinge könnten laut seiner Aussage im kommenden Jahr nachkommen. »Wir hoffen wirklich, dass andere Länder dem Beispiel folgen werden«, sagte der UNHCR-Sprecher Vincent Cochetel. Nichtregierungsorganisationen kritisierten Rom trotz der Evakuierung für seine Unterstützung der umstrittenen libyschen Küstenwache.
Ermöglicht wurde der humanitäre Korridor durch ein auf zwei Jahre angelegtes Abkommen zwischen dem italienischen Innenministerium und der nationalen Bischofskonferenz. Kirchensteuern sollen laut Medienberichten die Aufnahme der Flüchtlinge finanzieren; Ordenseinrichtungen und Pfarrereien sich an der Unterbringung beteiligen.
Das UNHCR schätzt, dass sich etwa 18 000 Menschen in Lagern unter Kontrolle der schwachen libyschen Einheitsregierung befinden, Zehntausende dürften in weiteren von Milizen gehaltenen Orten festgehalten werden.
Die Einheitsregierung in Tripolis hat derweil die im Sommer angekündigte Einrichtung einer eigenen Such- und Rettungszone vorläufig zurückgenommen. Journalisten vermuten, dass sie die Anforderungen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation für eine nationale Rettungsleitstelle derzeit nicht erfüllen kann. Kommentar S. 4
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