Stuhltanz in der Staatskanzlei
Markus Söder soll im Frühjahr Bayerns Regierungschef werden - doch wer wird was in seinem neuen Kabinett?
Am Tag nach dem CSU-Erbfolgewunder war für Horst Seehofer und Markus Söder fast wieder Regierungsalltag angesagt: Die beiden Ministerpräsidenten, der alte und der designierte, saßen sich am Kabinettstisch in der Staatskanzlei quasi direkt gegenüber. Nach einem demonstrativen Händeschütteln der beiden Alphatiere nahm Seehofer am Dienstag auf seinem Chefsessel Platz, Nachfolger Söder zog es auf seinen Stammplatz als Finanzminister - noch.
»Mir gehts gut, hab gut geschlafen«, sagte Söder beim Betreten der Staatskanzlei. Im Frühjahr wird er hier Hausherr und Seehofers Büro übernehmen, so haben es CSU-Landtagsfraktion und Parteivorstand am Montag entschieden. Ob er das Gebäude deshalb jetzt mit einem anderen Gefühl betritt? »Nein, ich gehe als Minister heute rein«, entgegnete Söder. »Und Horst Seehofer ist Ministerpräsident.«
Noch gilt also am Kabinettstisch die gleiche Sitzordnung. Im Frühjahr wird Söder den Platz wechseln. Doch es muss mehr passieren - das verlangt die Verfassung: »Der Rücktritt des Ministerpräsidenten hat den Rücktritt der Staatsregierung zur Folge«, heißt es in Artikel 44.
Am Tag seines Triumphs verschwendete der Franke aber keinen Gedanken daran: »Wir handeln immer verfassungsgemäß, auf jeden Fall. Aber mit solchen Fragen beschäftigt sich heute noch keiner«, sagte Söder. Das muss er auch nicht. Trotzdem deuten sich schon viele Veränderungen für das Kabinett der Zukunft an. Auch, weil die Liste derer, die auf eine Belohnung für ihre bisherige Treue warten, sehr lang ist.
Zweifelsohne an gleicher Stelle wieder am Kabinettstisch Platz nehmen wird Innenminister Joachim Herrmann. Nach seinem nur halb freiwilligen Verzicht (zugunsten der Partei) auf die Spitzenkandidatur (zugunsten Söders) sowie auf einen möglichen Wechsel nach Berlin (zugunsten Seehofers) ist der 61-jährige Franke gesetzt. Er kann nicht nur auf eine große Erfahrung verweisen, Partei und Fraktion sind ihm auch etwas schuldig. Söder selbst spricht schon von einer »absoluten Stärkung«. Ob das Trostpflaster reicht, um Herrmanns Wunden zu heilen, ist offen.
Einen Ministerplatz dürfte auch Söders aktueller Staatssekretär Albert Füracker sicher haben. Der Oberpfälzer gilt als treuer Unterstützer Söders, außerdem kennt er das Haus bereits bestens. Fürackers Ministerper- spektive dürfte jedoch die Chancen von Emilia Müller senken, erneut als Sozialministerin im Kabinett vertreten zu sein. Über den Verbleib der Oberpfälzerin wurde schon im Zuge von Seehofers angekündigter Kabinettsumbildung viel spekuliert.
Letztlich könnte ihr aber die schon jetzt sehr geringe Zahl an Frauen zugute kommen, denn auch hinter Wirtschaftsministerin Ilse Aigner steht ein Fragezeichen. Die Oberbayerin - und ausgewiesene Söder-Kritikerin - dürfte gesetzt sein, sofern sich nicht andere Gerüchte aus Berlin bestätigen - denn in der Hauptstadt wird Aigner bereits wieder für einen Ministerposten gehandelt. Und in München als potenzielle neue Landtagspräsidentin.
Sollte dies tatsächlich geschehen, würde das beinahe schon eine Jobgarantie für die Oberfränkin Melanie Huml (Gesundheitsministerin) bedeuten, desgleichen für die Oberbayerin Ulrike Scharf (Umwelt) und die Schwäbin Beate Merk (Europa). Denn neben dem Lokal-Proporz als ungeschriebenem Gesetz ist auch die Frauenquote im Kabinett ein wichtiger Faktor.
Und die anderen Minister? Vieles ist denkbar. Staatskanzleiminister Marcel Huber (Oberbayern) gilt als emsiger Arbeiter, der das Haus im Griff hat. Dies dürfte Söder gut passen, denn er wird sich im Wahlkampf nicht immer persönlich um alles kümmern können. Justizminister Winfried Bausback (Unterfranken) gilt auch als unauffälliger Arbeiter, sein Vorteil ist zudem, dass geeignete Juristen generell rar in der CSU gesät sind.
Bleiben noch Helmut Brunner (Agrar) und Ludwig Spaenle (Kultus). Sollte sich der 63-jährige Brunner gegen eine weitere Amtszeit entscheiden, müsste Söder nach einem anderen Niederbayern Ausschau halten - eine besonders schwere Aufgabe. Beim Münchner Spaenle ist das anders. Hinter ihm lauert mit dem auch aus München stammenden Georg Eisenreich einer der größten Seehofer-Kritiker auf eine Beförderung. Spätestens über die Weihnachtstage wird sich Söder wohl ernste Gedanken machen - und das Stühlerücken dürfte am Ende nicht nur für zufriedene Gesichter sorgen. dpa/nd
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