Milchkühe kann man nicht einfach wie Maschinen abschalten
Nur noch 27 Milchviehbetriebe im Landkreis Uckermark - Landwirte spüren nichts von Preissteigerung
Die größte Schwierigkeit für Milchbauern ist, dass sie mit Tieren arbeiten - und die lassen sich bei schlechter Marktlage nicht einfach abschalten wie eine Maschine. Es entsteht allerdings immer wieder der Eindruck, dass dies manchem Verbraucher oder sogar Politiker nicht recht bewusst ist.
»Wir wollen nicht jammern, aber wir sehen bereits deutliche Anzeichen, dass die derzeit für uns recht auskömmlichen Erzeugerpreise für Milch in naher Zukunft wieder abrutschen.« In dieser Formel fasste Friedhelm Rogasch, Geschäftsführer des Bauernverbandes Uckermark, die aktuellen Sorgen.
Gemeinsam mit Rogasch haben sich drei Landwirte aus der Region in der vergangenen Woche in Prenzlau Fragen der Presse gestellt. Heino Tietje etwa betreibt in Seelübbe und Potzlow zwei Milchviehbetriebe mit insgesamt 1250 Tieren und zwölf Millionen Litern Milchleistung pro Jahr. Mit ihnen am Tisch saßen Georg Lehmberg aus Funkenhagen (150 Tiere/1,5 Millionen Liter), Wolfgang Liehs von der Agrargenossenschaft Göritz (1450 Tiere/14 Millionen Liter) und Manfred Mesecke von der Mesecke GbR in Blindow (200 Tiere/1,8 Millionen Liter).
»Bei uns in der Uckermark mussten wegen der Milchkrise in den vergangenen zwei Jahren rund ein Viertel der Betriebe das Handtuch werfen. Aktuell gibt es im Landkreis noch 27 Milchviehbetriebe, im Jahr 2015 waren es immerhin noch zehn mehr«, erklärte Friedhelm Rogasch. In den letzten zwei Jahren hätten zudem viele Betriebe von der Substanz gelebt, denn nötige Investitionen müssten getätigt und laufende Kredite abgezahlt werden, auch wenn die erzielten Milchpreise im Keller seien. Und der Bauernfunktionär fasst zusammen: Von 2016 zu 2017 sei in ganz Brandenburg die Zahl der Milchviehbetriebe um 12,3 Prozent zurückgegangen, die Anzahl der Milchkühe verringerte sich um 6,3 Prozent. Natürlich seien sie und ihre Kollegen froh, dass endlich wissenschaftlich festgestellt wurde, dass Butter besser ist als ihr Ruf. »In Maßen regelmäßig genießen«, lautet also die Devise, meinten Manfred Mesecke und Heino Tietje.
Wolfgang Liehs verwies darauf, dass der höhere Butterpreis in den Geschäften aus den teuren Fettkomponenten in der Milch resultierte. »Wir Landwirte spüren solche Preissteigerungen leider immer erst drei Monate rückwirkend bei den Einnahmen. Und augenblicklich fällt der Fettpreis schon wieder, so dass sich das eigentlich auch im Butterpreis bemerkbar machen müsste«, fügte er hinzu.
»Ein Stück Butter mit 250 Gramm kostet den Käufer im Geschäft um die zwei Euro. Vor zwei Jahren waren es etwa 70 Cent. Wie übrigens auch schon im Jahr 1950«, warf Heino Tietje in die Debatte. Für die Bauern kaum verständlich, denn damals waren Lohnkosten, Benzin- und Dieselpreise oder Heizkosten für die Milcherzeuger viel niedriger. Mit Blick auf die durchschnittliche Inflation müsste der Butterpreis (250 Gramm) gegenwärtig also bei etwa 3,66 Euro liegen, rechnete er vor.
Die derzeitigen Aufkaufpreise der Berliner Milcheinfuhrgesellschaft liegen für Lieferanten, zu denen zum großen Teil auch die Uckermärker Landwirte gehören, bei 38 Cent pro Liter. 2016 waren es im Jahresdurchschnitt gut 26 Cent, 2017 bislang 33,5 Cent. Auskömmliche Preise beginnen aus Sicht der Uckermärker bei 35 Cent, um kostendeckend arbeiten zu können. Ab 40 Cent wären Investitionen bezahlbar.
»Die größte Unsicherheit für uns Landwirte ist, dass wir nicht vorhersehen können, wie sich der Milchpreis entwickelt«, sagte Georg Lehmberg.
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