Winterschlussverkauf im Norden

In Schleswig-Holstein und Hamburg wachsen die Sorgen vor dem Verkauf der Landesbank

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Herr Kubicki sollte nicht den Verkaufsprozess durch öffentliches Gequatsche gefährden«, schimpft Andreas Dressel, SPD-Fraktionschef in der Hamburgischen Bürgerschaft. Der Gemaßregelte ist pikanterweise FDP-Vormann in den Berliner Koalitionsverhandlungen. Der Schleswig-Holsteiner hatte in einer regionalen Fernsehsendung Namen potenzieller Käufer der maroden HSH Nordbank genannt. Selbst vom möglichen Koalitionspartner in einer künftigen Bundesregierung erhielt der Freidemokrat eine Ohrfeige: »Wie man es nicht macht, zeigt wieder und wieder Herr Kubicki«, teilte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks auf Facebook mit.

Die Nerven liegen blank im Norden: Bis Ende Februar 2018 muss die öffentliche Landesbank verkauft werden. Hamburg und Schleswig-Holstein drohen insgesamt Verluste von bis zu 16 Milliarden Euro. Vor allem für das wirtschaftlich schwache Flächenland geht es ums Eingemachte.

Zum Stichtag 27. Oktober waren aus dem geheimen Kreis der Bieter, die bis März ihren Hut in den Ring geworfen hatten, verbindliche Angebote für die HSH abgegeben worden. »Nach erster Sichtung« sei dies »eine gute Grundlage« für den Verkaufsprozess, freuten sich Finanzministerin Monika Heinold (Schleswig-Holstein) und Senator Peter Tschentscher (Hamburg) am letzten Oktoberwochenende in einer kurzen gemeinsamen Stellungnahme. Namen wurden keine genannt. Auch die Bank hüllt sich in Schweigen.

Dann plauderte Kubicki. So sollen unter den Bietern vier US-amerikanische Hedgefonds sein, die Gesellschaft Cerberus, Lone Star und ein Konsortium aus Apollo und J. C. Flowers. Letztgenannter ist ein unguter Bekannter im Norden: Der Finanzinvestor hatte sich in den 2000er Jahren in die HSH eingekauft. Aktuell gehören ihm 5,1 Prozent.

Als Flowers einstieg, träumten er und die staatlichen Eigentümer noch von einem Börsengang. Vorausgegangen war eine gewagte Expansion, wie sie auch andere Landesbanken betrieben. Eine große Koalition aus regionalen Politikern und Landesregierungen träumte von üppigen Dividenden, die in die Staatskassen fließen sollten. Als Vorbild galt das Investmentbanking der Deutschen Bank.

Beflügelt wurde der Risikokurs von einem Rechtsstreit, den die Deutsche Bank gegen die Landesbanken angezettelt hatte. 2005 verlor die HSH, wie alle Sparkassen und Landesbanken, das Privileg der Staatshaftung. Dadurch mussten die öffentlichen Banken höhere Zinsen zahlen, wenn sie sich Geld pumpten.

Doch vorher wurde die Kriegskasse noch einmal richtig aufgefüllt: Um die 300 Milliarden Euro liehen sich die Landesbanken noch vergleichsweise preiswert auf den Finanzmärkten und legten es mehr oder weniger riskant an. Die weltweite Finanzkrise brachte dann auch diese Blase 2008 zum Platzen. HSH und NordLB in Hannover schmerzt zudem die ausdauernde Schifffahrtskrise.

Während die WestLB und Sachsens Landesbank untergingen, retteten die Regierungen in Kiel und Hamburg ihr Institut 2009 und 2016 mit mehreren Milliarden Euro. Auf diese »Beihilfe« reagierte die Europäische Kommission und verpflichtete die Länder, die HSH zu privatisieren.

Schon vor der ersten Rettungsaktion hatten Ökonomen gefordert, die Bank pleite gehen zu lassen, um den Schaden zu begrenzen. Das lehnten rote und schwarze Regierungen auch mit dem Verweis auf die Jobs ab. Doch trotz Milliardenspritzen überlebte von gut 4000 Arbeitsplätzen nur die Hälfte, die Bilanzsumme fiel von über 200 auf rund 80 Milliarden Euro. Allerdings schreibt die Bank wieder schwarze Zahlen, hat die meisten Altlasten abgewickelt und berichtet von einem »erfreulichen« Neugeschäft.

Endlich drängen in beiden Ländern Abgeordnete auch aus den Regierungslagern darauf, nicht allein den Verkauf, sondern auch eine Pleite der Bank durchzurechnen. Man müsse prüfen, »ob ein Verkauf die Länderhaushalte tatsächlich weniger stark belastet, als dies bei einer geordneten Abwicklung der Fall wäre«, sagt der Fraktionschef der CDU in Kiel. Solche Rückzieher kommen zu spät, klagt der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion in Hamburg: Noch 2016 seien Milliarden von Steuergeldern »in die Bank versenkt worden«, sagt Norbert Hackbusch. Er hält die HSH für »unrettbar«. Doch selbst linke Beobachter werfen dem Linkspolitiker vor, die Nordbank seit langem schlechtzureden. Wie es auch Kubicki macht.

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