»Politischer Filz« oder Einzelfall?

Rheinland-Pfalz: Die Doppelbezüge des Koblenzer OB beschäftigen die Landespolitik - Regierung lehnt Änderung des Beamtengesetzes ab

  • Lesedauer: 2 Min.

Mainz. Die Kritik an der rheinland-pfälzischen Landesregierung im Fall des Koblenzer OB Joachim Hofmann-Göttig hält an. Der SPD-Politiker, der noch bis April 2018 das Amt des Oberbürgermeisters bekleidet, bekommt zu seinem Gehalt eine Pension als Ex-Staatssekretär. Der Bund der Steuerzahler Rheinland-Pfalz kritisierte in diser Woche erneut die Ruhegehaltsbezüge Hofmann-Göttigs. Die Antwort der Staatskanzlei auf eine Anfrage des Steuerzahlerbunds zu dem Vorgehen sei eine »herbe Enttäuschung«, so Geschäftsführer René Quante.

»Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Ruhestandsversetzungen prinzipiell an sachliche Gründe gekoppelt werden sollen. Aber stattdessen soll das Beamtengesetz so bleiben wie es ist. Das ermöglicht weiterhin willkürliche und ungerechtfertigte Zusatzverdienste für treue Parteigenossen«, sagte Quante und beklagte »politischen Filz«.

In der Antwort der Staatskanzlei von Ministerpräsidentin Malu Dreyer - wie Hofmann-Götting ebenfalls SPD-Mitglied - hieß es, es bestehe »aktuell kein Anlass für eine Änderung« des Beamtengesetzes. Dem Gesetz zufolge ist eine Versetzung von politischen Beamten in den Ruhestand jederzeit möglich. Zuvor hatte Staatskanzleichef Clemens Hoch (SPD) erklärt: »Einen vergleichbaren Fall hat es in den letzten Jahren nicht gegeben und wird es auch nicht geben.«

Der frühere Kulturstaatssekretär Hofmann-Göttig war im Jahr 2010 wenige Tage vor dem Start in sein OB-Amt unter dem damaligen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) in den Ruhestand versetzt worden. Die Stadt gibt seinen Ruhestandsbezug mit 1296,07 Euro netto pro Monat an. Er verdient insgesamt 6449,97 Euro netto im Monat - das ist die reine Besoldung. Der OB hat Kritik an der zusätzlichen Pension zurückgewiesen, aber eingeräumt, dass er 2015 fast zwei Drittel seiner zahlreichen Nebeneinkünfte einbehalten hatte.

Die Debatte um seine Pension war vor der Koblenzer OB-Stichwahl vom 15. Oktober hochgekocht. Der Rechnungshof hatte die Versetzung in den Ruhestand bereits vor einigen Jahren kritisiert. Der Steuerzahlerbund forderte in der vergangenen Woche, die gesetzliche Praxis zu ändern. Das lehnt die Landesregierung aus SPD, FDP und Grünen ab.

Die Landtagsopposition forderte Hofmann-Göttig zum Rücktritt auf. CDU-Fraktionsvize Christian Baldauf nannte dessen Verhalten moralisch verwerflich. dpa/nd

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