Rückenwind für Macri

Argentinien: Bei Teilwahlen siegt das Regierungsbündnis / Kirchner will Opposition führen

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es hat nicht gereicht.« Noch am Wahlabend gestand Argentiniens ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner ihre Niederlage ein. Zwar schaffte sie mit 37,3 Prozent der Stimmen in der Provinz Buenos Aires den Einzug in den Senat, landete damit aber nur auf dem zweiten Platz. Klarer Sieger ist mit 41,4 Prozent der Stimmen der frühere Bildungsminister Esteban Bullrich vom Regierungsbündnis Cambiemos.

Zuvor waren im Laufe des Sonntags bei den Teilwahlen zum argentinischen Kongress die Hälfte der 274 Delegierten des Abgeordnetenhauses und ein Drittel des 72-köpfigen Senats neu gewählt worden. Da Wahlpflicht herrscht, waren alle rund 33 Millionen Wahlberechtigten aufgefordert, zu den Urnen zu kommen. 78 Prozent der Wahlpflichtigen hatten bis zur Schließung der Wahllokale denn auch ihre Stimmen abgeben.

Mit landesweit 42,3 Prozent der Stimmen etablierte sich Macris neoliberales Bündnis Cambiemos dabei deutlich als stärkste politische Kraft. Abgeschlagen kamen Cristina Kirchners Parteilisten auf 20,1 Prozent der Stimmen, während die traditionelle Peronistische Partei (PJ) nur noch knapp 16 Prozent erhielt. Sichtlich zufrieden trat Präsident Mauricio Macri vor seine jubelnde Anhängerschaft. »Wir sind die Generation, die die Geschichte verändert«, so der große Gewinner und meinte damit nichts Geringeres als die Ablösung des Peronismus als dominante politischen Kraft der letzten Jahrzehnte.

»Wir sind die stärkste Opposition«, versuchte die unterlegenen Kirchner noch das Beste aus der Schlappe abzuleiten. Zum ersten Mal in ihrer langen Politikkarriere verlor die 64-Jährige als Kandidatin eine Wahl. Ihr Nimbus der Unbesiegbarkeit ist gebrochen. Ob sie im zukünftigen Kongress ihren oppositionellen Führungsanspruch auch beim traditionellen Peronismus durchsetzen kann, ist seit Sonntagabend fraglich. Ihr Pluspunkt: Alle peronistischen Führungsaspiranten mussten Federn lassen.

Trotz des großen Wahlerfolgs wird Macris Regierungsbündnis auch im zukünftigen Abgeordnetenhaus mit 108 von 257 Sitzen weit von einer eigenen Mehrheit entfernt sein. Der Präsident muss wie bisher auf eine zersplitterte Opposition setzen. Cristina Kirchner stellt mit ihrer Liste Unidad Ciudadana künftig 69 Abgeordnete, während die traditionelle PJ 47 Mandate hält. Die Koalition des PJ-Abtrünnigen Sergio Massa verfügt nur noch über 22 Mandate. Einen Achtungserfolg erzielten die kleinen linksradikalen Parteienbündnisse mit 7,2 Prozent und fünf Mandaten.

Anders ist dagegen die Sitzverteilung im zukünftigen Senat. Hier bleibt die traditionelle PJ mit 26 Senatoren auch weiterhin die stärkste Kraft. Zwar konnte Macris Cambiemos neun Mandate hinzugewinnen, mit 24 Senatoren bleibt sie aber die zweitstärkste Fraktion. Verlierer ist auch hier eindeutig Kirchners Unidad Ciudadana, die sechs Mandate abgeben muss und nur über zwölf Senatssitze verfügt.

Während Macris Kampagnenmacher vor allem Cristina Kirchners Kandidatur gebetsmühlenhaft als Rückfall in eine finstere Vergangenheit darstellten, präsentierte sich die Ex-Präsidentin als Verteidigerin der Verlierer der neuen neoliberalen Regierung. Bereits Mitte August mussten die Wahlberechtigten bei den Vorwahlen zu den Urnen. Deshalb hatten die meisten den schon seit Juni laufenden Wahlkampf gründlich satt.

Mit dem spurlosen Verschwinden des linken Aktivisten Santiago Maldonado änderte sich das politische Klima. Bis sechs Tage vor der Wahl ein lebloser Körper im Fluss Chubut gefunden wurde. Alle Parteien brachen daraufhin ihre Kampagnen ab. Am Donnerstag war die Leiche unter großen Sicherheitsvorkehrungen in die Hauptstadt Buenos Aires überführt und am Freitag im Beisein von 50 Spezialisten einer Obduktion unterzogen worden. Richter Gustavo Lleral trat noch kurz vor Mitternacht vor die Presse und bestätigte, dass es sich um die Leiche Maldonados handelt, diese aber keine Verletzungen aufweise. Wer darauf gesetzt hatte, Maldonados 79-tägiges Verschwinden und sein Tod würde die Regierung Stimmen kosten, wurde am Wahlsonntag eines Besseren belehrt.

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