Zwei Mal Silber im Teamsprint
Bahnrad-EM in Berlin: Vierermannschaft der Frauen stürzt in aussichtsreicher Position
Berlin hat ein Herz für Bahnradsport: Beim Sechstagerennen Anfang des Jahres ist das Velodrom sowieso meist gut gefüllt, zu den Bahnrad-Europameisterschaften kamen am ersten Wettkampftag 1600 Zuschauer auf die nagelneue Radrennbahn. Die deutschen Athletinnen und Athleten besorgten am Donnerstagabend gleich zwei Silbermedaillen - im Teamsprint der Frauen und Männer.
»Wir hätten schon gern gewonnen«, zeigte sich Anfahrer Robert Förstemann unzufrieden. Bundestrainer Detlef Uibel versuchte hingegen, das Silber mit seinen Worten ins richtige Licht zu setzen: »Ich bin mit dem zweiten Platz rundum zufrieden. Uns ist schließlich mit Max Niederlag ein wichtiger Mann kurz vor der EM erkrankt ausgefallen. Das bringt natürlich ein ganzes System durcheinander. Wenn es die Jungs vielleicht auch nicht so sehen, für mich boten sie eine Spitzenleistung mit Weltklasseniveau.« Nach der ersten Ablösung sorgte Maximilian Levy für eine Tempoverschärfung. Da lag das deutsche Trio sogar vorn. Doch auf der Schlussrunde schöpfte der Franzose Quentin Lafargue die zweite Luft und zog noch knapp an Joachim Eilers vorbei.
Männer:
Teamsprint:1. Frankreich 43,254 s, 2. Deutschland 43,337, 3. Niederlande 43,405. Mannschaftsverfolgung: 1. Frankreich 3:55,780 min, 2. Italien 3:55,986, 3. Russland 3:57,517, 4. Deutschland 3:58,435. Scratch: 1. Garel (Frankreich), 2. Lovassy (Ungarn), 3. Gladysch (Ukraine)... 15. Liß (Unna).
Frauen:
Teamsprint: 1. Russland 32,560 s, 2. Deutschland 32,807, 3. Niederlande 33,180. Mannschaftsverfolgung: 1. Italien 4:17,853 min, 2. Großbritannien 4:21,164, 3. Polen 4:24,705, ... 8. Deutschland. Ausscheidungsfahren: 1. Wild (Niederlande), 2. Augustinas (Russland), 3. Confalonieri (Italien), 7. Kasper (Forst).
Bei den Frauen mussten sich die Olympiasiegerinnen Miriam Welte und Kristina Vogel mit Rang zwei hinter den russischen Weltmeisterinnen Anastasija Woinowa und Daria Schmeljewa begnügen. In der Qualifikation war die Erfurterin Vogel noch mit Juniorenweltmeisterin Pauline Sophie Grabosch in Bestzeit um das Holzoval gefahren. Für die Wertungsläufe rückte dann anstelle der 19-Jährigen vom RSC Turbine Erfurt wieder Miriam Welte an Vogels Seite. Ein Fehler? Trainer Detlef Uibel sagt: »Nein«, meint aber: »Miriam und Kristina haben sich selbst unter Druck gesetzt, indem sie nur vom Titel geredet haben. Die EM hat mir auch gezeigt, dass Kristina zwar im Moment die beste Radsprinterin der Welt ist, aber als Anfahrerin nicht die Idealbesetzung darstellt. Bis Olympia 2020 werden wir mit Miriam und Kristina sowie den jungen Sprinterinnen Pauline Sophie Grabosch und Emma Hinze ein starkes Team formieren.« Der erste Test in Richtung Olympia wird schon die Bahnrad-WM vom 28.2. bis 4.3.2018 im niederländischen Appeldorn sein.
Mit dem deutschen Bahnradvierer müssen die Fans weiter auf eine Medaillenmeldung warten. In der Besetzung Felix Groß (Leipzig), Theo Reinhardt (Berlin), Nils Schomber (Grevenbroich) und Dominic Weinstein (Villingen) fuhr das Quartett in 3:58,435 Minuten hinter Russland auf Rang vier. Den Titel holten die Franzosen (3:55,780) vor dem italienischen Team (3:55,986).
»Wir bauen jetzt eine junge Mannschaft mit Blick auf Olympia 2020 auf«, verkündet Bundestrainer Sven Meyer. Ein Satz, den alle Bundestrainer seit 2005 schon so ähnlich ausgesprochen haben, ohne dass in der einstigen deutschen Domäne irgendetwas vorangegangen wäre. Nach dem Olympiasieg in Sydney 2000 reichte es schon 2004 mit den Stars Robert Bartko und Guido Fulst nur noch zu Rang vier. Danach war das einstige Flaggschiff nicht mehr zu sehen. Für Rio 2016 hatte sich der Vierer dann wieder mal qualifiziert. Medaillenchancen? Null. Der Männervierer läuft nicht rund.
Dagegen überzeugte das Frauenquartett mit neuem deutschen Rekord von 4:25,355 Minuten. Beim Kampf um die Medaillen traten Charlotte Becker (Berlin), Lisa Brennauer (Durlach), Gudrun Stock (München) und Lisa Klein (Saarbrücken) dann auch noch mal gewaltig in die Pedale. »Nach neun Runden waren sie noch drei Sekunden schneller als bei der Rekordfahrt«, so Bundestrainer André Korff. Doch dann knallte es: Der Vierer stürzte. Aus der Traum vom Medaillenglück! »Doch wir geben nicht auf«, schworen sich die verpflasterten Sportlerinnen.
Schöne Episode am Rande: In der Pause trafen sich zwei alte Bekannte. DDR-Friedensfahrtkapitän Michael Schiffner (68) und der sowjetische Friedensfahrtkapitän Alexander Gusjatnikow (67). Der Russe hatte als Vizepräsident des europäischen Verbandes die EM eröffnet, Schiffner war als Zuschauer gekommen. »Wir haben uns natürlich miteinander unterhalten«, sagte Gusjatnikow. »Wir kennen uns gut: Schiffner hat mir am 8. Mai immer einen Strauß Nelken überreicht, als Dank für die Befreiung Deutschlands vom Faschismus.«
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