Absage an Iran-Deal?

US-Kongress wartet auf Einschätzung von Trump

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die Londoner »Times« steht fest: Ein Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran würde kein Problem lösen, bei allen Unzulänglichkeiten der nur bis 2025 gültigen Vereinbarung. Da sieht sich das Blatt an der Seite der britische Premierministerin Theresa May, die US-Präsident Donald Trump gerade noch einmal in einem Telefonat aufgefordert hat, an diesem 2015 nach langwierigen und mühsamen Verhandlungen geschlossenen Abkommen festzuhalten. Sei es doch »grundlegend wichtig« für die Sicherheit in der ganzen Golfregion. Überhaupt drängen die EU-Staaten, von denen die ständigen Mitglieder im UN-Sicherheitsrat Großbritannien und Frankreich sowie Deutschland zu den Signatarstaaten gehören, stark darauf, die Vereinbarung nicht zu kippen. Trump muss dem US-Kongress bis Sonntag mitteilen, ob Teheran die Vertragsauflagen erfüllt.

Dort hoffen die Befürworter des auch in Iran umstrittenen Atomdeals auf die europäische Unterstützung. »Wir setzen auf die Europäer und bis jetzt waren die Signale ja auch positiv«, so Vizepräsident und Atomchef Ali Akbar Salehi laut Nachrichtenagentur IRNA am Donnerstag. Wichtig sei jedoch, dass sie sich dann auch im Ernstfall gegen Washington stellen würden. Für Salehi gibt es dafür gute Gründe: Das Abkommen habe nicht nur den Streit um das iranische Atomprogramm beendet, es könne auch als Modell für internationale Konflikte dienen.

Das sieht Trump ganz anders. Gegenüber Fox News sprach er am Mittwoch (Ortszeit) erneut vom »schlechtesten Deal« und erklärte: »Wir haben nichts bekommen«. Die Vorgängerregierung von Barack Obama habe das Abkommen lediglich »aus Schwäche« geschlossen, obwohl die USA eigentlich über »große Stärke« verfügten. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien, der die Vertragskontrolle obliegt, bescheinigte Teheran bislang jedoch stets, dass das Abkommen eingehalten werde - so wie Trump bei früheren Überprüfungen. Nun hält er der iranischen Führung vor, sie verletzte mit ihrer aggressiven Politik in der Region den auf Frieden zielenden Geist der Vereinbarung.

Beobachter in Washington halten es für wahrscheinlich, dass der Präsident bei der US-intern alle 90 Tage vorgeschriebenen »Zertifizierung« der Vereinbarung dieses Mal den Daumen senken werde. Dann müsste der Kongress binnen 60 Tagen über die Wiedereinführung von ausgesetzten Sanktionen und andere Konsequenzen entscheiden - was durch den internationalen Vertragstext gar nicht abgedeckt ist. Erst dieser Schritt wäre dann praktisch eine Aufkündigung des Abkommens. Doch ist die notwendige Mehrheit dafür im Senat fraglich. Selbst Ed Royce, der republikanische Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, sprach sich jetzt gegen die Auflösung der Vereinbarung aus. Die von Trump angekündigte und am Freitag erwartete Rede wird den Kurs vorgeben.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.