Der lange Arm der Mafia

Die kritische Journalistin Petra Reski und Freitag-Verleger Jakob Augstein streiten vor Gericht

  • Birgit Gärtner
  • Lesedauer: 3 Min.

Zulässige Gerichtsberichterstattung oder unzulässige Verdachtsberichterstattung? Das ist die Frage, über die das Landgericht Hamburg im Rechtsstreit zwischen der Publizistin Petra Reski und dem Verleger Jakob Augstein entscheiden muss. Eine komplizierte Frage, wie sich beim ersten Verhandlungstag am vergangenen Freitag herausstellte. Das Urteil soll am 3. November verkündet werden. Ursache für die juristische Auseinandersetzung ist ein Artikel, den die Publizistin für die Wochenzeitung »Freitag« verfasst hatte. Darin berichtete sie über einen Streit vor dem Landgericht Leipzig, in dem ein italienischstämmiger Geschäftsmann den MDR verklagte, weil dieser sich in der von dem Sender 2015 ausgestrahlten Dokumentation mit dem Titel »Provinz der Bosse - Mafia in Mitteldeutschland« in einer dort dargestellten Person wiederzuerkennen glaubte und sich als Mitglied der Mafia verleumdet sah. Das Gericht folgte seiner Auffassung.

Über den Rechtsstreit berichtete Reski im »Freitag« und nannte dabei nicht nur den in der Dokumentation genannten Codenamen des Klägers, sondern auch dessen Klarnamen. Daraufhin drohte dieser der Zeitung mit Klage und verlangte, dass der Artikel aus dem Netz genommen, mindestens aber sein Name gestrichen werde. Augstein kam diesem Ansinnen nach, der Geschäftsmann klagte trotzdem - und zwar gegen Reski. Diese wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.

Darüber entbrannte ein Streit zwischen der Publizistin und dem »Freitag«-Verleger, der in den Medien sowie über die sozialen Medien ausgetragen wurde. Reski sah sich von Augstein im Stich gelassen und beklagte, dass sie nun auf den Kosten sitzen bliebe. Augstein warf ihr vor, »schlampig recherchiert« und dem »Freitag« den Namen des Klägers »untergejubelt« zu haben. Sie habe »bewusst« gehandelt. Auch das Wort »Fake News« fiel in dem Zusammenhang. Reski empfand daraufhin ihren Ruf als massiv beschädigt. Die Publizistin gilt als Mafia-Expertin. Als solche ist sie auch in Italien anerkannt. Sie verklagte Augstein auf Unterlassung der genannten Vorwürfe. Darüber hat nun das Hamburger Gericht zu entscheiden.

Ob die Äußerungen Augsteins, mit denen er Reskis Arbeitsweise kommentierte, zulässig sind, darüber zeigte sich die Vorsitzende Richterin bei der Verhandlung in einigen Punkten noch unentschieden; den Vorwurf, Reski habe dem »Freitag« den Namen »untergejubelt«, wird sie vermutlich als Meinungsäußerung durchgehen lassen; die Behauptung, sie habe »bewusst« gehandelt, voraussichtlich untersagen.

Im Grunde geht es in diesem Verfahren allerdings um mehr als den Streit zwischen Reski und Augstein. Dahinter steht auch die Frage, welche Macht die Mafia in Deutschland inzwischen hat.

In Reskis Büchern über die Mafia in Deutschland sind zum Teil ganze Seiten geschwärzt. Wegen Informationen und auch wegen Namen, die in Italien in jeder Zeitung zu lesen sind, wie sie in einem Vorwort einer überarbeiteten Auflage, sprich: einer Neuauflage mit geschwärzten Seiten, schreibt. Diese Frage wird die Hamburger Kammer nicht klären können.

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