Freie Wähler im Landtag aufgelöst

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Monatelang schwelte der Konflikt, am Montagabend kam es in der Landtagsgruppe der Freien Wähler endgültig zum Bruch. Der Abgeordnete Péter Vida, zugleich Landesvorsitzender der Brandenburger Vereinigten Bürgerbewegungen/Freie Wähler, erklärte seinen Austritt aus der Gruppe. Am Dienstag zog die Abgeordnete Iris Schülzke nach. Darüber hinaus verließ sie ebenso wie der Abgeordnete Christoph Schulze die Freien Wähler (FW). Der Verband ist damit im Landtag rein formal nicht mehr existent. Für eine Gruppe braucht es drei Abgeordnete, die zusammenhalten. Es gibt jetzt also nur noch drei fraktionslose Abgeordnete.

»Die Freien Wähler wären echt eine gute Idee, aber man müsste die richtigen Leute dafür haben«, bedauerte Schulze. Es tue ihm leid um die vielen Menschen, die sich ehrlich für die Sache engagierten.

Vida begründete das Zerwürfnis damit, dass Schülzke und Schulze weiterhin nicht die vereinbarten 1000 Euro monatlich von ihren Diäten an den Landesverband abführten. Zu einem klärenden Gespräch seien die beiden nicht bereit gewesen. Schulze habe sogar die Absicht geäußert, bei der Landtagswahl 2019 für die Grünen anzutreten. Der Landesverband könne »dem Aufbau einer Gegenkandidatur nicht durch den Fortbestand der Gruppe samt der damit einhergehenden Ressourcenverwendung tatenlos zusehen«, erklärte Vida.

Schulze bezeichnete dies als »Lügenmärchen« und »Rufmordkampagne«. Er versicherte: »Ich habe vollständig das gemacht, was von mir verlangt wurde.« Darüber hinaus habe er für die Landtagswahl 2014 privat 68 000 Euro eingesetzt und danach dem Landesverband noch ein Darlehen von 10 000 Euro gewährt.

Fest steht: Ohne Schulze, der jahrzehntelang SPD-Politiker war und als einziger Abgeordneter ununterbrochen seit 1990 im Parlament sitzt, wären die Freien Wähler heute nicht dort. Denn Schulze, der die SPD im Streit um den Hauptstadtflughafen BER verlassen und kurz bei den Grünen mitgearbeitet hatte, gewann 2014 seinen Wahlkreis für die Freien Wähler und setzte damit für diese die Fünf-Prozent-Hürde außer Kraft. Dass er für die Grünen antreten wolle, sei Quatsch, versicherte Schulze. Die Gelegenheit hätte er 2014 gehabt.

Nach Darstellung Schulzes entzündete sich der Streit an Vidas Vorhaben, ein- bis zweimal im Jahr einen Bürgerbrief an alle Haushalte zu verschicken, was die Gruppe jedes Mal 93 000 Euro gekostet hätte und »verbotene Parteienwerbung« gewesen wäre.

Jetzt kommen aus dem Munde von Schulze Vorwürfe, die Vida früher schon aus linken Kreisen gemacht worden sind: Vida soll demnach ein Rechtspopulist sein, der sich mit ehemaligen Mitgliedern der Schill-Partei umgibt, nur zum Schein im Migrationsbeirat aktiv ist und tatsächlich den rechtsnationalen ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán verehrt. Vida selbst wies derartige Anschuldigungen stets zurück und machte als Abgeordneter niemals nachweisbar Äußerungen, die man ihm ankreiden könnte.

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