Wenn das TMUEN das TMIL ärgert

Thüringen: Skurriler Streit um Ministerienhausordnung

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt wieder Knatsch zwischen dem Thüringer Infrastrukturministerium und dem Umweltministerium des Landes, ausnahmsweise mal keinen fachpolitischen. Es geht um eine Hausordnung. Und um das rot-rot-grüne Versprechen zu einer fairen Zusammenarbeit.

In der berühmt-berüchtigten E-Mail aus der Thüringer Staatskanzlei, in der deren Chef, Benjamin-Immanuel Hoff (LINKE), vor einigen Monaten davor warnte, die rot-rot-grüne Landesregierung stehe vor der Handlungsunfähigkeit, wenn sich einzelne Ministerin im Kabinett weiterhin gegenseitig blockierten, tauchten nicht zufällig das Infrastruktur- und das Umweltministerium als Adressaten von Hoffs Mahnungen auf. Ersteres wird von der LINKEN geführt, letzteres von den Grünen. Damals ging es um die Novellierung des Jagdgesetzes und die Ausweisung des Grünen Bandes als Nationales Naturmonument.

Derzeit nun ist der Vorsitzende des Personalrats des Infrastrukturministeriums sauer auf das Umweltministerium. Und zwar so sehr, dass er in einer E-Mail an die Mitarbeiter seines Hauses seinem Ärger Luft gemacht hat. »Mit Erstaunen und Verwunderung haben nicht nur Sie, sondern auch der Personalrat und die Dienststelle von einer neuen Hausordnung des TMUEN für den auch von unserer Abteilung 6 genutzten Standort Beethovenstraße erfahren«, heißt es in der Mail. TMUEN ist die offizielle Abkürzung Thüringens Umweltministerium.

Um den Ärger zu verstehen, muss man wissen, dass die Abteilung 6 des Infrastrukturministerium - die Landwirtschaftsabteilung - im gleichen Gebäude sitzt, wie das Umweltministerium. Hintergrund dafür ist, dass diese Abteilung in der schwarz-roten Ära zum Umweltministerium gehörte, unter Rot-Rot-Grün aber dem Infrastrukturministerium zugeordnet wurden, weil Thüringens Bauern während der Koalitionsverhandlungen Druck machten. Sie wollten auf keinen Fall von einer Ministerin aus den Reihen der Grünen beaufsichtigt werden.

Unter Rot-Rot-Grün sind nun zwar die LINKEN für die Landwirtschaft zuständig. Um die Mitarbeiter der entsprechenden Abteilung aber nicht umziehen zu lassen, sitzen diese noch immer in ihren alten Diensträumen - im Umweltministerium eben.

Ausweislich der E-Mail des Personalratsvorsitzenden hat das Umweltministerium nun eine neue Hausordnung für das Gebäude erlassen. Dies allerdings ohne den Personalrat des Infrastrukturministeriums einzubeziehen, was den Personalratsvorsitzenden empört: »Eine Hausordnung regelt das Verhalten der Beschäftigten in der Dienststelle und ist daher mitbestimmungspflichtig. Wir sind als Personalrat des TMIL nicht eingebunden gewesen und haben somit dieser Regelung nicht zugestimmt.« TMIL ist die Abkürzung für Thüringens Infrastrukturministerium.

Zudem ärgert sich der Mann über den mutmaßlichen Inhalt der Hausordnung, nach der die Bediensteten ihre Zimmerschlüssel trotz vorhandenen Pforte offenbar selbst verwahren sollen und ihnen bei Verlust »eine Pauschalhaftung« von 35 Euro durch das Umweltministerium angedroht wurde. »Dies ist unzulässig!«, schreibt der Personalrat. Dieses Vorgehen des TMUEN bestätige die Befürchtung, »dass wir nur als geduldete Gäste und nicht als gleichberechtigte Nutzer einer gemeinsamen Liegenschaft gesehen werden«. Dies, schreibt er, wiege umso schwerer, weil die Kollegen der Abteilung 6 doch bis vor Kurzem Teil des Umweltministeriums waren. Und: »Eine kollegiale Zusammenarbeit sieht anders aus!«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.