Deutschtürken als Kollateralschaden

Hört auf, Wahlkampf auf Kosten Türkeistämmiger zu machen, fordert Nelli Tügel

  • Nelli Tügel
  • Lesedauer: 2 Min.

Wer während des »TV-Duells« zwischen Merkel und Schulz zeitgleich Twitter verfolgte, dem boten sich dort mancherlei Einblicke in die Stimmungslage der in Deutschland lebenden Menschen - auch der Türkeistämmigen. »Ich freue mich, dass ich in einem Land lebe, das keine anderen Probleme hat außer Erdogan«, schrieb eine Nutzerin. Eine andere: »Als Deutschtürkin bin ich es leid, für jeden Wahlkampf - egal ob in TR oder der BRD - herhalten zu müssen. Fickt euch alle«.

So drastische Worte hat die Türkische Gemeinde in Deutschland zwar nicht gewählt. Die Richtung aber, in die ihr Vorsitzender Gökay Sofuoglu am Dienstag ging, ist dieselbe. Sofuoglu hat Recht, wenn er CDU und SPD dafür kritisiert, dass diese im Wahlkampf den Eindruck erwecken, als bestünde die Türkei nur aus Erdogan-Fans. Richtig ist auch: Nun zu Wahlkampfzwecken den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen zu fordern, stärkt Erdogan und in Deutschland die Rechten. Für das AKP-Regime sind die Verhandlungen ohnehin symbolisch und die Vorbeitrittshilfen Peanuts. Vor allem aber ist es unanständig, als Große Koalition einerseits Deals mit der Türkei abzuschließen, gleichzeitig aber den öden Wahlkampf auf Kosten Türkeistämmiger »aufzupeppen«. Ein schon jetzt gefährliche Blüten tragender Generalverdacht gegen eine Gruppe, die in Wirklichkeit extrem heterogen ist, wird so weiter genährt.

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