Finanzsenator: Vom Bund im Stich gelassen

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 2 Min.

Fehlende Unterstützung des Bundes sowie des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kostet das Land Berlin durch anhängige Asylverfahren einen »deutlichen mittleren zweistelligen Millionenbetrag«, sagte Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) am Mittwoch auf einer Pressekonferenz. Gemeinsam mit den Senatoren Dirk Behrendt (Justiz, Grüne) und Elke Breitenbach (Integration und Soziales, LINKE) nannte er dafür mehrere Gründe.

Behrendt kritisierte, das Bundesamt entsende in den meisten Fällen keine Mitarbeiter in die Gerichte, um konkrete Fragen zum jeweiligen Asylverfahren beantworten zu können. Auch telefonisch sei das Amt meist nicht für die Richter erreichbar. Behrendt forderte daher, die Zahl der Prozessbevollmächtigten im BAMF zu erhöhen.

Kollatz-Ahnen sagte, der Bund beteilige sich an den Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge nur für die Dauer des Asylverfahrens und für einen weiteren Monat nach Zusendung des ablehnenden Bescheids. Klagten die Asylbewerber dagegen, müsse das Land Berlin bis zum Urteil alleine für ihren Unterhalt aufkommen. Bei rund 13 000 anhängigen Asylverfahren, einer Prozessdauer von drei Monaten sowie Kosten von etwa 1200 Euro pro Flüchtling und Monat käme ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag zustande: 36 Millionen Euro. »Wir werden ein Stück weit vom Bund im Stich gelassen«, sagte Kollatz-Ahnen.

Sozialsenatorin Breitenbach sagte, das BAMF habe viele neue Mitarbeiter eingestellt und die Verfahren beschleunigt. Viele negative Bescheide würden später durch die Gerichte korrigiert. »Klagen lohnen sich also.« Durch die lange Dauer der Verfahren werde die Integration erschwert.

Mitarbeiter des BAMF widersprachen den Senatoren auf der Pressekonferenz zum Teil. Es sei nicht notwendig, dass bei allen Verfahren Mitarbeiter des Bundesamts im Gerichtssaal säßen. Dennoch habe das BAMF Asylklagen nun stärker in den Fokus gerückt. In Berlin seien zudem gerade elf Stellen für neue Prozessbevollmächtigte ausgeschrieben worden. In vier Wochen sollten sie ihre Arbeit aufnehmen können.

Matthias Lehnert, Anwalt für Aufenthaltsrecht, sagte dem »nd«: »Hie und da kann die Abwesenheit von Mitarbeitern des BAMF in Asylverfahren zu Verzögerungen führen.« Nachfragen kläre der Richter aber meist kurzfristig am Telefon im Hinterzimmer. Mehr BAMF-Mitarbeiter im Gericht wäre zwar »schön und gut«, reduzierten aber die Zahl der Klagen nicht, die unter anderem schnelle Verfahren und »neues, unqualifiziertes« Personal verursacht hätten. Notwendig sei eine weitere Aufstockung des Personals an den Verwaltungsgerichten. »Aber das ist ein finanzielles Problem.«

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