Russland-Sanktionen: Kongress setzt Trump unter Zugzwang
Senat stimmte für Verschärfung von Strafmaßnahmen / Entscheidung des Präsidenten mit Spannung erwartet
Washington. Mit überwältigender Mehrheit hat sich der US-Senat für eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland ausgesprochen. Der Gesetzentwurf, der auch neue Strafmaßnahmen gegen den Iran und Nordkorea vorsieht, bekam am Donnerstag eine Zustimmung von 98 Stimmen. Lediglich zwei Senatoren votierten dagegen. Nachdem das Repräsentantenhaus bereits am Dienstag zugestimmt hatte, muss nun US-Präsident Donald Trump das Gesetz unterzeichnen. Zuletzt war unklar, ob er dies tun wird. Er könnte auch sein Veto einlegen.
Die Bundesregierung und die EU-Kommission hatten die geplante Verschärfung in den vergangenen Tagen kritisiert. Sie fürchten negative Konsequenzen für europäische Unternehmen.
Der Kongress will mit dem Gesetz klare Kante gegenüber Russland zeigen. Die Abgeordneten setzen damit zugleich Trump Grenzen in seiner Russland-Politik. Sie stellen in dem Entwurf sicher, dass der Präsident die Sanktionen gegen Russland nicht ohne Zustimmung des Kongresses aufheben kann. Demokraten, aber auch Republikaner sehen eine zu große Nähe Trumps zu Russland.
Trumps Kommunikationschef Anthony Scaramucci hatte am Donnerstagmorgen angedeutet, dass Trump sich für ein Veto entscheiden könnte. Blockiert der Präsident das Gesetz, könnte ihm das so ausgelegt werden, dass er dem Kreml große Zugeständnisse macht.
Ein Veto würde auch den Kritikern des Präsidenten in die Hände spielen. Trump steht wegen der Ermittlungen in der Russland-Affäre unter großem Druck. Geheimdienste beschuldigen den Kreml, sich in den Wahlkampf 2016 eingemischt zu haben, um Trump zu helfen und seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton zu diskreditieren. Ein Sonderermittler und mehrere Kongressausschüsse untersuchen, ob es dabei geheime Absprachen mit Trumps Wahlkampflager gab.
Da in beiden Kammern mehr als eine Zweidrittel-Mehrheit für das Gesetz zustande kam, könnte ein Veto Trumps aber überstimmt werden.
Die neuen Russland-Sanktionen richten sich gegen mehrere Wirtschaftszweige des Landes, darunter auch der sehr wichtige Energiesektor. Die Abgeordneten strafen damit Moskaus Rolle im Ukraine-Konflikt sowie die mutmaßliche Einflussnahme auf die US-Wahl ab. Die deswegen bereits bestehenden Sanktionen sollen nun ausgeweitet werden. Neue Maßnahmen werden wegen Russlands Unterstützung für die syrische Regierung verhängt.
Bei den Sanktionen gegen Iran geht es um den Dauerstreit über das Raketenprogramm des Landes. Im Fall von Nordkorea zielen die Strafmaßnahmen auf die Schifffahrtindustrie des Landes ab.
Das Weiße Haus stört sich daran, dass der Präsident künftig das Parlament mit einbeziehen muss, wenn er Sanktionen gegen Russland aufheben will. Der Präsident muss in einem Bericht an den Kongress seine Gründe dafür darlegen. Die Abgeordneten hätten dann 30 Tage Zeit zu entscheiden, ob sie dem zustimmen. Das Weiße Haus argumentierte, dass dies eine Beschneidung der Befugnisse des Präsidenten sei.
Den USA droht auch Streit mit der EU-Kommission. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hatte am Dienstag mit Vergeltungsmaßnahmen gedroht. Brüssel fürchtet, dass sich die Sanktionen negativ auf europäische Unternehmen auswirken könnten, die an russischen Energieprojekten beteiligt sind.
Kritiker werfen dem US-Kongress vor, mit dem Vorgehen gegen russische Energieunternehmen wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Sie unterstellen den USA, damit Marktanteile für eigenes Flüssiggas sichern zu wollen. In dem Entwurf drücken die Abgeordneten etwa ihre Ablehnung der geplanten Gasleitung Nordstream 2 aus, die von Russland nach Deutschland führen soll. Auch sprechen sie sich dafür aus, den Export amerikanischer Energieressourcen zur Priorität zu machen.
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hatte am Donnerstag vor einem Handelskrieg gewarnt. Sie lehnte einseitige neue US-Sanktionen gegen Russland ab und mahnte ein gemeinsames Vorgehen an. »Das wäre auf alle Fälle richtiger, als wenn jetzt die Amerikaner einen isolierten Weg gehen.« dpa/nd
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