Ein Gespenst geht um im Spessart

Warum das Gebirge in Nordbayern aus der Kandidatenliste für einen Nationalpark fiel

  • Rudolf Stumberger, München
  • Lesedauer: 3 Min.

Bayern war und ist noch auf der Suche: Nicht nach einem Superstar, sondern nach einem dritten Naturpark. Hatte doch der Bayerische Ministerrat bei einer Klausurtagung im Juli 2016 beschlossen, dass ein dritter Nationalpark in Bayern neben den beiden Nationalparks im Bayerischen Wald und im Berchtesgadener Land angestrebt wird. Seither reiste die bayerische Umweltministerin Ulrike Scharf durch das Land, um die Möglichkeiten für einen dritten Nationalpark zu prüfen.

Ein nicht einfaches Unterfangen: Während manche gegen einen Nationalpark in der Rhön demonstrierten, wollten andere den Steigerwald dazu machen, was aber von der Ministerin abgelehnt wird. In der vergangenen Woche wurde eine Vorentscheidung getroffen: Die Donau-Auen und die Rhön sind in der engeren Wahl. Interessant ist, dass der Spessart wegen uralter, noch aus dem Mittelalter stammenden Rechten aus dem Rennen fiel.

Holzrechte nennen sich die althergebrachten Rechte der Anwohner im Spessart - und sie sind so etwas ähnliches wie die urkommunistische Allmende, die Rechtsform gemeinschaftlichen Eigentums. Sie gehen zurück auf das Hochmittelalter, als die Grundherrn der Gegend mit diesen Rechten die Menschen zur Ansiedlung in dem Mittelgebirge bewegen wollten.

Holzrechte gibt es verschiedene. Da ist zunächst das Recht, alles liegende und nach Baumschlag verbliebene Holz aufzusammeln. Dann das Stockrecht, dabei geht es um die Wurzelstöcke. Daneben gibt es noch das Recht auf Holz durch Windfall, Eis- und Schneebruch, das Recht auf Pflugholz und Bauholz sowie das Recht auf Weide und Schweinemast.

Kompliziert wurde es im 19. Jahrhundert, als mit der Gebietsreform diese Gewohnheitsrechte erstmals schriftlich fixiert wurden. Seitdem stehen jedem Anwohner, der sich in einer Spessartgemeinde niederlässt, diese Rechte zu. Und die Bewohner des Spessarts verteidigen sie mit Zähnen und Klauen. Bei der Ausweisung eines Nationalparkes aber müssten diese Rechte aufgegeben werden, was jedoch keiner will.

Und welche Kriterien muss ein Gebiet erfüllen, um zu einem Nationalpark zu werden? «Vorrangiges Managementziel in diesen Gebieten ist der Schutz der natürlichen biologischen Vielfalt zusammen mit den ihr zugrunde liegenden Habitat-Strukturen und den ökologischen Prozessen», erläutert der Würzburger Geografie-Professor Hubert Job. Außerdem geht es um die Förderung von Bildung und Erholung. Das wichtigste Ziel ist dabei das Flächenschutzkriterium. Dabei soll das vorrangige Managementziel für Nationalparks auf mindestens drei Viertel der Schutzgebietsfläche gelten. Auf dem Rest der Fläche dürfen auch andere Zwecke verfolgt werden, solange sie mit dem vorrangigen Ziel für das gesamte Schutzgebiet vereinbar sind.«

Der Bund Naturschutz in Bayern ist der Meinung, dass der Spessart von den bis zur Vorauswahl verbliebenen vier Kandidaten aus naturschutzfachlicher Sicht die beste Wahl gewesen wäre.

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