Proteste in Hongkong gegen Peking
Regierungschefin vereidigt
Hongkong. Tausende Demonstranten in der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong haben am Sonntag mehr Demokratie gefordert. Die Organisatoren des jährlichen Protestmarsches schätzten die Zahl der Teilnehmer auf 60 000. Die Polizei berichtete, dass etwa 14 500 Hongkonger demonstriert hätten. Die Protestler wollten auch ein Zeichen gegen Pekings zunehmenden Einfluss in der Sonderverwaltungszone setzen. Präsident Xi Jinping hatte am Vortag anlässlich des 20. Jahrestages der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China eine ungewöhnlich scharfe Festrede gehalten. Darin warnte er in Anspielung auf pekingkritische Proteste vor einer »roten Linie«. Die Sicherheitsgesetze der Stadt müssten gestärkt werden, auch forderte der Präsident eine »patriotische Erziehung« für Hongkonger. Mit der Rückgabe Hongkongs seien »vergangene Erniedrigungen« beendet worden und die komplette Wiedervereinigung Chinas einen großen Schritt näher gerückt, sagte Xi Jinping nach einer weitestgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmten Fahnenzeremonie.
Unter den Augen des Präsidenten leistete am Samstag auch Hongkongs neue Regierungschefin Carrie Lam ihren Amtseid. Auf die 60-Jährige kommen schwierige Aufgaben zu. Lam muss nicht nur die politische Spaltung der Stadt, sondern auch die Kluft zwischen Arm und Reich verringern. Lam gilt schon jetzt als umstritten, weil sie von einem pekingtreuen Komitee mit nur rund 1200 Mitgliedern ins Amt gewählt wurde. Nach Umfragen hätte bei einer freien Wahl, die Peking den Hongkongern schon lange verspricht, ein anderer Kandidat gewonnen.
Derweil verlangt die EU von China mit deutlichen Worten eine Ausreisemöglichkeit für den schwer krebskranken Bürgerrechtler Liu Xiabao. Die Grünen haben Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, sich bei Chinas Präsident Xi Jingping für eine Ausreise des frei gelassenen Friedensnobelpreisträgers einzusetzen. Die Bundesregierung sollte auch anbieten, dass eine Behandlung jederzeit in Deutschland stattfinden könne. Xi ist vor dem G20-Gipfel am Mittwoch in Berlin zu Besuch. dpa/nd
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