Ein Kontinent im Rüstungswettlauf

In Südostasien steigen die Ausgaben für das Militär ins Gigantische und Europas Konzerne sahnen dabei kräftig ab

  • Richard Claus
  • Lesedauer: 4 Min.

In Zeiten zunehmender Globalisierung haben Kriegsflotten eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Insbesondere U-Boote können die Handelsbeziehungen von Staaten empfindlich stören. Man kennt das aus dem Atlantik. Dabei waren die U-Boote, die Hitler gegen Großbritannien ausschickte, im Vergleich zu den heute eingesetzten ungleich primitiver.

Bislang rechneten Experten mit rund 200 U-Boote im Pazifikraum. Mitte des kommenden Jahrzehntes könnten es bereits 250 sein. Die US-Navy stationiert 60 Prozent ihrer Kräfte im Pazifik. Darunter sind auch strategische Atom-U-Boote. China wird selbst rund 30 neue, zumeist ebenfalls atomar betrieben Boote in Dienst stellen und weitere konventionelle an Anrainer liefern. Beispielsweise an Thailand. Ein anderer Gewinner der regionalen maritimen Militarisierung stammt aus Deutschland. ThyssenKrupp Marine Systems ist sehr engagiert beim Verteilen von Angeboten. Singapur bestellte zwei weitere U-Boote vom Typ 218. Zwei neue hat man schon. 2015 wendete der Insel- und Stadtstaat 3,22 Prozente des BIP für seine Streitkräfte auf. Neben dem U-Boot-Vertrag mit ThyssenKrupp schlossen man einen Vertrag mit Frankreich zur Lieferung von Flugabwehrlenkwaffen sowie einen über Kampfpanzer aus der Schweiz.

Zwar verlor der deutsche U-Boot-Produzent jüngst einen erhofften Großauftrag aus Australien an Frankreich, doch Südkorea zeigt Interesse an fortgesetzter Kooperation. Indien bestellte auch schon fleißig.

Zwei gebrauchte U-Boote aus Deutschland fahren in Indonesien, das Land wird bald Ersatz für sie brauchen. Doch die deutschen Produkte sind teuer. Jüngst kaufte Indonesien drei südkoreanische U-Boote. Die sollen bis 2020 in Dienst gestellt sein. Auch mit Russland verhandelt Djakarta über zwei U-Boote der »Kilo«-Klasse. Insgesamt gab Indonesien 2015 über acht Milliarden US-Dollar für seine Streitkräfte aus. In nur zehn Jahren hat das Land damit seine Militärausgaben fast verdreifacht. Ein Rüstungsplan bis 2024 ist beschlossen. Die Luftwaffe soll signifikant ausgebaut werden. Lieferpartner sind die USA und Russland. Zugleich beteiligt man sich mit dem US-Hersteller Lockheed und südkoreanischen Firmen an der »KF-X Fighter Jet Initiative«. Auch das Heer soll mobiler werden. Voraussetzungen sind geschaffen, das Land hat in den vergangenen Jahren über 103 »Leopard«-Kampfpanzer aus Deutschland gekauft. Nun schafft man Haubitzen sowie Infanteriepanzer aus der Ukraine und Brasilien herbei.

Das arme Kambodscha verdoppelte seit 2005 seinen Rüstungshaushalt. Man kaufte vor allem gebrauchtes, ehemals in der Sowjetunion konstruiertes Kriegsgerät. So profitierte man von der Neuausstattung der östlichen NATO-Mitglieder mit westlichen Rüstungsgütern. Das Heer bekam Späh- und Schützenpanzer aus Bulgarien, die Tschechische Republik steuerte Raketenwerfer und weitere BMP-1-Schützenpanzer bei. Auch die Slowakei machte ihren Reibach. Von Serbien kaufte Kambodscha 60 T-55-Panzer, von der Ukraine gut 100 weitere.

Malaysias Verteidigungsetat belief sich 2015 auf 5,3 Milliarden US-Dollar. Das ist seit 2005 ein Plus von 15 Prozent. 2016 erhielt man Panzerhaubitzen aus den USA. Zudem bestellte Malaysia in den letzten Jahren sechs französische und sechs südkoreanische Fregatten.

Fast vier Prozent seines BIP, das sind rund 3,1 Milliarden US-Dollar, hat Myanmar 2015 für die Streitkräfte aufgewandt. Aus China importierte das ehemalige Burma Panzerwagen und aus Russland Boden-Luft-Raketen. Für die Luftwaffe wurden 50 leichte Kampfflugzeuge aus China und 20 Ausbildungsflugzeuge aus Deutschland erworben. Darüber hinaus bekam die Luftwaffe zehn russische Kampfhubschrauber, die man zur Aufstandsbekämpfung einsetzt. Auf der Einkaufsliste stehen Kampfflugzeuge aus Pakistan und Russland. Für die Marine hat Myanmar 2011 über ein halbes Dutzend chinesische Korvetten sowie sechs israelische Patrouillenboote erworben.

Die Militärausgaben der Philippinen beliefen sich im Jahr 2015 auf 3,89 Milliarden US-Dollar. Mannschaftstransporter aus Israel und den USA standen auf dem Importlisten. Washington lieferte Küstenwach- schiffe, Australien steuert zwei Landungsboote bei.

Der thailändische Militäretat belief sich 2015 auf 6,1 Milliarden US-Dollar. Er hat sich damit seit 2005 fast verdoppelt. Für seine Landstreitkräfte erwarb das Land Haubitzen aus israelischer Produktion. Dazu kamen 1500 Panzerabwehrraketen und 49 Kampfpanzer. In der Ukraine kaufte Bangkok 121 gepanzerte Infanteriefahrzeuge, deren Dieselmotoren stammen von der deutschen Firma Deutz. Schaut man sich an, wen Kanzlerin Angela Merkel sowie die SPD-Bundesminister Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier - heute ist er Bundespräsident - auf ihren Reisen in die asiatischen Region mitgenommen haben, erklärt sich deutsche Politik. Es waren Vertreter solcher Rüstungsfirmen wie ThyssenKrupp, Diehl sowie Rhode&Schwarz.

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