Längere Asylverfahren
BAMF braucht durchschnittlich mehr als zehn Monate
Nürnberg. Die Asylverfahren in Deutschland dauern im Schnitt immer länger. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) brauchte im ersten Quartal dieses Jahres für die Bearbeitung eines Antrags durchschnittlich 10,4 Monate. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der LINKEN im Bundestag hervor. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit steigt bereits seit längerem: Im vierten Quartal 2016 lag sie noch bei 8,1 Monaten, im gesamten vergangenen Jahr sogar bei 7,1 Monaten. Und im Jahr zuvor waren es nur 5,2 Monate gewesen.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, nannte dies eine »desaströse Bilanz«, denn die Bundesregierung habe einst eine Verfahrensdauer von drei Monaten angestrebt. Das Ministerium begründet den Anstieg damit, dass inzwischen vermehrt komplexe Altfälle abgearbeitet würden. Wenn man nur die neuen Verfahren betrachte, sei die Bearbeitungsdauer deutlich kürzer: Bei rund 70 800 Verfahren, die von Oktober 2016 und März 2017 beim BAMF eingegangen sind und entschieden wurden, habe die Bearbeitungsdauer bei nur 1,9 Monaten gelegen.
Überdurchschnittlich lange hatten im ersten Quartal beispielsweise Menschen aus Guinea (16,1 Monate), Russland (15,2 Monate), Somalia (14,9 Monate) und Nigeria (14,4 Monate) auf ihren Asylbescheid gewartet. Albaner bekamen ihren Bescheid im Schnitt nach 5,6 Monaten, Syrer nach 7,5 Monaten. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mussten zuletzt im Schnitt 11,3 Monate auf eine Entscheidung warten. Im vierten Quartal des Vorjahres waren es noch 9,5 Monate.
Im Mai stieg die Zahl der nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge wieder leicht an: Die Behörden registrierten im vergangenen Monat 14 973 Asylsuchende, wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Im April waren 11 952 Flüchtlinge nach Deutschland eingereist.
Die Zahl der Asylsuchenden lag damit im Mai wieder ungefähr auf dem Niveau der ersten drei Monate des Jahres. Insgesamt kamen seit Jahresbeginn laut Bundesinnenministerium 77 148 Flüchtlinge nach Deutschland. Die größte Gruppe im Mai waren erneut Flüchtlinge aus Syrien: Aus dem Bürgerkriegsland stammten 3657 Asylsuchende. Auf den folgenden Plätzen lagen im vergangenen Monat Flüchtlinge aus dem Irak (1632), Eritrea (1094) und Afghanistan (949).
Das BAMF konnte den Berg an offenen Asylfällen den Angaben zufolge im Mai weiter abbauen. Die Behörde habe im vergangenen Monat über 87 649 Anträge entschieden - gut 45 Prozent davon wurden abgelehnt. Die Zahl der anhängigen Verfahren habe sich von 232 493 Ende April auf 165 099 Ende Mai reduziert. dpa/nd
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