Solange noch Zeugen am Leben sind
Sachsen-Anhalt plant eine umfangreiche Veranstaltungsserie mit Überlebenden der Nazi-Schreckensherrschaft
Magdeburg. »Dieses Jahr haben wir noch viele Zeitzeugen, es werden aber immer weniger«, sagte Cornelia Habisch, stellvertretende Direktorin der Landeszentrale, der dpa. Die Zeitzeugen seien inzwischen um die 90 Jahre alt. »Die Bereitschaft zu kommen, ist immens.« Eingeladen seien acht Überlebende der Vernichtungslager, sechs von ihnen kämen aus Israel, zwei aus der Ukraine.
Bis zum 23. November seien bei der Reihe mit dem Titel »Fragt heute!« 39 Veranstaltungen an 21 Orten in Sachsen-Anhalt geplant. Zumeist mit Neunt- bis Elftklässlern in Schulen, aber auch mit Führungskräften von Polizei, Justiz und für Soldaten - im Gefechtsübungszentrum in der Colbitz-Letzlinger Heide. Habisch rechnet mit 1500 Teilnehmern.
Das Interesse der Zeitzeugen, über das zu berichten, was ihnen widerfahren ist, ist laut Habisch genauso ungebrochen wie die Wissbegier von Schülern. Auch das hohe Alter der Frauen und Männer verändere die Haltung nicht. »Ich habe nicht den Eindruck, dass die Hemmschwelle höher wird, wenn die Zeitzeugen älter sind.« Der Zugang zu den Jugendlichen sei herzlich und offen. Durch die Zeitzeugen werde besonders plastisch, dass das Unglück für die Menschen 1945 nicht zu Ende war, sondern ihr ganzes Leben geprägt habe. Das könne Geschichtsunterricht nicht so deutlich machen.
Die Veranstaltungsreihe zeigt laut Habisch nicht nur die Perspektive der Holocaustopfer, sondern auch die der Täter. Die Autoren Uwe von Seltmann und Niklas Frank gingen im Herbst auf Lesetournee und berichteten über ihre Erfahrungen mit dem Großvater beziehungsweise Vater, die beide NS-Täter gewesen sind. Zum Abschluss des Zeitzeugenprojekts ist ein Fachtag über den pädagogischen Umgang mit der kommentierten Ausgabe von Adolf Hitlers »Mein Kampf« im Geschichtsunterricht geplant. dpa/nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.