Extreme Rechte regiert in Bulgarien mit

Dauerpremier Bojko Borissow koaliert mit dem nationalistischen Parteienbündnis der Vereinten Patrioten

  • Thomas Roser, Belgrad
  • Lesedauer: 3 Min.

Berührungsängste plagen Bulgariens erfahrensten Premier schon lange nicht mehr. Er lasse sich von dem Prinzip »Bulgarien über alles« leiten, begründet der konservative Dauerpremier Bojko Borissow, warum er sich an seine dritte, vermutlich an diesem Donnerstag beginnende Regierungszusammenarbeit mit dem nationalistischen Parteienbündnis der Vereinten Patrioten (VP) macht: Wenn er sich mit den Patrioten nicht verständigt hätte, wären erneute Wahlen unausweichlich gewesen.

Konservative und »Patrioten«

Tatsächlich sind die VP als drittstärkste Partei im Parlament aus Sicht des bulligen Chefs der langjährigen Regierungspartei Gerb eine logische Partnerwahl. Schon vor den vorgezogenen Parlamentswahlen im März hatten die Dauerrivalen der sozialistischen BSP eine große Koalition unter Führung von Gerb resolut ausgeschlossen. Mit dem VP-Vorläufer des Patriotischen Blocks (PB) hatte der machtbewusste Borissow in seiner letzten, im Herbst frühzeitig gestrauchelten Koalition zudem relativ problemlos kooperiert. Und statt mit dreien hat sich der einstige Karate-Champion nun nur noch mit einem Koalitionspartner abzuplagen: Gemeinsam kommen Gerb und VP auf die knappe Mehrheit von 122 der 240 Sitze.

Die Posten von zwei stellvertretenden Regierungschefs sowie das Verteidigungs-, Wirtschafts- und Umweltressort haben sich die Nationalisten beim Koalitionspoker gesichert. Die VP würden weit gemäßigtere Positionen vertreten als beispielsweise die ungarische Jobbik-Partei oder Le Pen in Frankreich, versichert der Analyst Stojtschko Stojtschew. »Dramatische« Kursänderungen seien von der neuen Koalition kaum zu erwarten: »Sie wird im Wesentlichen die Linie des letzten Borissow-Kabinetts fortsetzen.«

Spürbarer Rechtsruck in Bulgarien

Flüchtlinge bekommen Bulgariens Rechtsruck in Form regelmäßiger Polizeiübergriffe schon seit geraumer Zeit schmerzhaft zu spüren. Es ist derweil vor allem ein umstrittener Regierungsneuling, der nicht nur bei Bulgariens türkischer Minderheit, sondern auch bei den EU-Partnern für gehörige Skepsis sorgt: Als Neu-Partner der VP stehen die berüchtigten Eiferer der rechtsextremen Ataka-Partei erstmals vor dem lange anvisierten Sprung auf die Regierungsbank.

Als antisemitischer Fremdenhasser und Russlandfreund hat sich Partei-Chef Wolen Siderow auch international einen eher zweifelhaften Namen gemacht. Ob mit handfesten Attacken gegen Moschee-Besucher oder dem Feldzug gegen »Zigeunerterror«, ob mit üblen Entgleisungen gegen die »Judenpest« oder bei der rassistischen Randale gegen die Besatzung eines Lufthansaflugs: Als vorzeigefähig erwies sich der Politrabauke bislang keineswegs.

Mehrheit gilt als relativ stabil

Obwohl der Ataka-Chef sich bei den endlosen Machtkämpfen in seiner eigenen Partei bislang eher als streitsüchtiger Solist erwies, ist Siderow überzeugt, dass das dritte Borissow-Kabinett erstmals die volle Amtszeit aussitzen könne: Wichtig sei für dieses vor allem, als »Team« aufzutreten. Trotz der sehr knappen Parlamentsmehrheit hält auch Analyst Stojtschew die neue Mehrheit für relativ stabil. Einerseits habe die neue populistische Partei Wolja (Wille) des Unternehmers Weselin Mareschki bereits ihre Unterstützung für das Kabinett signalisiert. Andererseits könne Borissow stets mit der türkischen Oligarchenpartei DPS als stille Reserve rechnen: »In Schlüsselfragen hat Gerb immer die Unterstützung der DPS erhalten.«

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