Der Fisch ist noch nicht vom Haken
Pakistans Oberste Richter mit knapper Mehrheit gegen eine sofortige Entlassung von Premier Sharif
Der Paukenschlag ist ausgeblieben - mit knapper Mehrheit hat der Oberste Gerichtshof am Donnerstag (Ortszeit) gegen die sofortige Absetzung von Premier Nawaz Sharif entschieden. Die Ermittlungen aufgrund der Erwähnung seiner Familie in den vor einem Jahr veröffentlichten Panama Papers sollen aber fortgeführt werden. Jubel bei der regierenden Pakistanischen Muslimliga-Nawaz (PML-N), betretene Gesichter bis offene Empörung bei den Vertretern der Opposition: Als einer der fünf Richter vor rund 400 Anwesenden im Supreme Court das Urteil verlesen hat, kennen die öffentlichen Reaktionen nur diese beiden Extreme. Maryam Nawaz, die Tochter des Regierungschefs, die mit ihrem Mann und ihrem Bruder besonders tief in den Erwerb von Luxusimmobilien im Ausland verstrickt ist, twitterte ein Foto feiernder Parteigrößen.
In den vergangenen Wochen war spekuliert worden, der Premier könnte auf Anweisung der Richter sein Amt verlieren. Zwei der fünf haben in der Tat so entschieden und argumentieren in ihrem Minderheitenvotum, dass Sharif nicht mehr »aufrichtig« und »wahrheitsgetreu« agiere und damit seine formelle Eignung zum Führen der Regierung verloren habe. Ihren drei Kollegen reichen die gegenwärtigen Informationen aber für ein abschließendes Urteil noch nicht aus.
Für den Moment kann die PML-N damit jubeln, doch womöglich freut sie sich zu früh. Denn die Richter haben auch verfügt, dass nun innerhalb von sieben Tagen ein gemeinsames Sonderermittlungsteam (JIT) gebildet werden soll. Danach muss das Gremium alle zwei Wochen eine spezielle Kammer des Supreme Court über den Fortgang der Untersuchungen informieren. Jederzeit können die Richter dann aufgrund dieser Ergebnisse eine finale Bewertung ansetzen, mit der doch noch eine Abberufung des Premiers möglich ist.
Skeptisch zeigt sich da Ansar Burney, einer der führenden Menschenrechtsaktivisten des Landes und erster pakistanischer Minister für Menschenrechtsfragen. Dass der Richterspruch jetzt so ausfiel, wundert ihn nicht - eigentlich sei der Supreme Court als Berufungsinstanz auch die falsche Adresse für den Antrag der Opposition gewesen, verweist er aus seiner Sicht auf formelle Mängel. Vor allem die Pakistan Tehrik-i-Insaf (PTI) des früheren Kricketstars Imran Khan, die gemeinsam mit der islamistischen Jamaat-i-Islami (JI), der Watan Party und der Pakistan Muslim League die Klage eingereicht hatte, protestierte dagegen schon vor dem Gerichtsgebäude gegen das Urteil.
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