Landwirte appellieren an Rot-Rot-Grün
Betriebsübernahmen durch Großinvestoren befürchtet
Weimar. Thüringens Bauern befürchten Betriebsübernahmen durch Großinvestoren, die es vor allem auf Agrarflächen abgesehen haben. Da der Landerwerb für Nichtlandwirte in Thüringen unmöglich sei, würden Investoren den Weg der Betriebsübernahme gehen und Ausschau nach Übernahmekandidaten mit möglichst viel Boden halten, sagte der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Reiko Wöllert, am Rande eines Treffens am Wochenende in Weimar. Für diese Praxis, die bereits in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zu beobachten sei, gebe es die ersten Beispiele auch in Thüringen. Er nannte einen Betriebsverkauf im Kreis Sömmerda mit 2000 Hektar Agrarfläche.
Bei der Übernahme durch Investoren sehe die Arbeitsgemeinschaft die Gefahr, dass funktionierende ländliche Strukturen in Frage gestellt werden. »Wenn es nur einen eingesetzten Geschäftsführer gibt, der der Rendite verpflichtet ist, schwindet die Verantwortung - auch die soziale - für eine Region«, sagte Wöllert.
Die Arbeitsgemeinschaft erwarte von der rot-rot-grünen Landesregierung, dass sie dieser Entwicklung entgegentrete. »Da kann man gegensteuern«, sagte Wöllert. Bodenrecht sei Ländersache, man könne Regularien schaffen. In Niedersachsen werde bereits an einem Gesetzentwurf gearbeitet. Denkbar sei in Thüringen beispielsweise, dass nicht nur wie bisher der reine Landerwerb, sondern auch der Kauf von Geschäftsanteilen oder ganzer Agrarbetriebe angezeigt und genehmigt werden müsse. Letztlich würden Investoren, die nach Anlagemöglichkeiten suchen, beim Kauf ganzer Betriebe auch die staatliche Grunderwerbssteuer umgehen, so Wöllert. Vertreter des Landes wollten nun prüfen, ob es in Thüringen Reglungsbedarf gibt.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft besteht nach Angaben von Wöllert seit sechs Jahren in Thüringen. Sie habe rund 150 Mitglieder, die bei ihren Produkten und der Vermarktung vor allem auf Regionalität setzten. Das treffe zunehmend den Nerv von Verbrauchern, die immer häufiger fragten, woher die Produkte stammen, die sie kauften. dpa/nd
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