Beziehungsstress an der Weser
Fraktionsmitglieder und Senatoren der rot-grünen Koalition tragen Streit über Medien aus
Die Taktzahl der Auseinandersetzungen in der rot-grünen Bremer Regierungskoalition hat sich deutlich erhöht. Während Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) und die grüne Bürgermeisterin Karoline Linnert, die zugleich auch Finanzsenatorin ist, nach außen ein geschlossenes Bild geben und auch kein böses Wort übereinander hören lassen, sind ihre Fraktionsmitglieder und Senatoren weniger zimperlich.
Gerade gab es einen großen Dissens über das Personalvertretungsgesetz, das die Grünen - allen voran deren Fraktionsvorsitzende Maike Schaefer - als politikbehindernd und daher dringend aktualisierungsbedürftig empfinden. Sascha Aulepp, Sprecherin der SPD-Fraktion für Recht und Justiz, konterte entschieden, das Gesetz sei gut und es gebe keinen Handlungsbedarf.
Kaum ist die Angelegenheit aus der öffentlichen Wahrnehmung und den Medien verschwunden, legen die beiden Senatoren Martin Günthner (SPD) und Joachim Lohse (Grüne) nach. Während sich die beiden Politikerinnen noch mit Statements auf Anfrage in der Bremer Lokalzeitung Weser-Kurier und dem Lokalsender Radio Bremen begnügten, taktieren die Senatoren mit den Medien.
Beide Senatoren stehen riesigen Ressorts vor: Günthner ist zuständig für Wirtschaft, Arbeit und Häfen, Justiz und Verfassung, sein grüner Kollege für Umwelt, Bau und Verkehr. Von beiden ergibt sich durch ihren per Lokalzeitung ausgetragenen Streit über die zukünftige Nutzung einer freiwerdenden Hafenfläche kein sehr souveränes Bild.
Im Gegenteil, mutet es fast wie ein Beziehungskrach an, wenn der eine (Günthner) in der Zeitung behauptet, die Pläne des anderen (Lohse) aus der Zeitung erfahren zu haben und diesen Umstand als Aufkündigung der einvernehmlichen Planungskultur auffasst. Was Günthner wiederum Lohse per Brief mitgeteilt haben soll. Und dieser Brief soll auch der berichtenden Zeitung zugespielt worden sein.
Der Zankapfel gehört von der Natur der Sache her in die Zuständigkeit beider Senatoren, geht es doch hier um ein Hafengebiet, was in Günthners Bereich liegt, und um Stadtplanung, die wiederum bei Lohse angesiedelt ist.
Unabhängig vom Beziehungsstress in der Koalition, aber irgendwie doch zeitlich passend, hat sich Kristina Vogt, die Fraktionsvorsitzende der Bremer LINKEN, zu Wort gemeldet. Nach zehn Jahren Arbeit in der Bremer Landtagsopposition sieht Vogt die Zeit gekommen, dass die LINKEN mitregieren, um nicht immer nur den Finger in Wunden zu legen, sondern an Problemlösungen mitzuarbeiten.
Vogt preschte damit vor, um in ihrer Partei die folgenden zwei Jahre bis zum nächsten Bremen-Wahlkampf für Diskussionen und Entscheidungsfindung zum Thema Mitregieren zu nutzen. Falls es noch zwei Jahre sind, bis der Bremer Landtag neu gewählt werden muss.
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