Frischluft für das Federvieh

Die Stallpflicht wegen der Vogelgrippe wird in Ost und West schrittweise aufgehoben

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 4 Min.

Nicht nur die Menschen drängen mit den dieser Tage steigenden Temperaturen wieder vermehrt ins Freie. Auch das Geflügel darf in einigen Ländern wieder den Stall verlassen, nachdem im vergangenen November der Vogelgrippevirus H5N8 an Kadavern nachgewiesen und daraufhin vielerorts eine Stallpflicht für gefiederte Haus- und Nutztiere verhängt worden war.

So dürfen Hobby-Geflügelhalter in Mecklenburg-Vorpommern ihre Tiere seit Samstag wieder ins Freie lassen. Die Regierung in Schwerin hat die Stallpflicht in weiten Teilen des Landes aufgehoben. Freilich gibt es Ausnahmen: So muss das Geflügel in Risikogebieten in der Nähe großer Gewässer weiterhin im Stall bleiben. In den Kreisen wird die Aufhebung der Stallpflicht unterschiedlich gehandhabt. So nimmt der Landkreis Nordwestmecklenburg gewerbliche Geflügelhalter aus, wie aus einer Mitteilung vom Freitag hervorgeht. Sie müssten weiter Einzelanträge auf Ausnahmegenehmigungen stellen. Im Landkreis Ludwigslust-Parchim müssen Geflügelhaltungen ab 100 Tieren eine Ausnahmegenehmigung beantragen, wie ein Kreissprecher erklärte: »In Einrichtungen, in denen mehr als 100 Stück Geflügel potenziell im Freien gehalten werden sollen, ist davon auszugehen, dass die Verhinderung des Kontaktes zu Wildvögeln aufgrund der Flächengrößen schwierig zu realisieren sein wird. Sie bedürfen daher einer Einzelfallprüfung.« Welche Gebiete darüber hinaus als Risikogebiete gelten, ist bei den Landkreisen zu erfahren.

Agrarminister Till Backhaus (SPD) hatte die weitgehende Aufhebung der Stallpflicht damit begründet, dass seit dem Anfang März kein Fall von Vogelgrippe mehr in Geflügelbeständen aufgetreten ist. Seit dem 9. März gab es auch keinen Nachweis mehr bei Wildvögeln. Der Höhepunkt des Vogelzuges sei vorbei, sagte Backhaus. Allerdings bleiben die Restriktionsgebiete um die letzten Fundorte infizierter Vögel für die vorgeschriebene Zeitdauer bestehen.

Laut Agrarministerium wurde in Mecklenburg-Vorpommern seit November bei knapp 100 Wildvögeln das betreffende Grippevirus festgestellt. Zudem habe es 15 Geflügelhaltungen im Land getroffen, darunter zwei Großbetriebe, in denen 144 000 Tiere getötet werden mussten.

Auch in Sachsen ist die allgemeine Stallpflicht nun aufgehoben. Da sich die Lage entspannt habe und die Zahl der Funde infizierter Wildtiere rückläufig sei, könne nun »in weiten Teilen der Geflügelhaltung wieder Normalität« einkehren, sagte Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU) am Freitag in Dresden. »Die Geflügelpest war in den vergangenen Monaten eine außergewöhnliche Belastung für alle.«

Mit der Aufhebung der Stallpflicht gelte die Geflügelpestverordnung des Bundes aber weiter. Im Einzelfall liege die Entscheidung über mögliche Maßnahmen damit bei den örtlichen Veterinärbehörden. Im Falle neuer Funde können auch weiterhin sogenannte Restriktionsgebiete ausgewiesen werden. In den derzeit noch bestehenden Restriktionszonen bleibe die Stallpflicht in Kraft.

In Brandenburg wird eine Aufhebung der Stallpflicht derzeit geprüft, wie Verbraucherschutzminister Stefan Ludwig (LINKE) am Freitag in Potsdam erklärte. Eine abschließende Entscheidung darüber werde am Dienstag getroffen.

Zuvor hatten unter anderem die Grünen gefordert, die Stallpflicht wegen der im Frühjahr steigenden Temperaturen aufzugeben. In Brandenburg war bei Dutzenden Vögeln das H5N8-Virus nachgewiesen worden. Mehr als 100 000 Tiere von Züchtern mussten getötet werden.

In Sachsen-Anhalt wurde die Stallpflicht vergangene Woche zunächst gelockert - im Salzlandkreis ist sie teilweise, im Landkreis Harz komplett aufgehoben. Dort sind seit Wochen keine Verdachtsfälle in Hausgeflügelbeständen aufgetreten. Thüringen hat die Stallpflicht bisher nur im Wartburgkreis aufgehoben.

Auch in den westlichen Ländern entspannt sich die Lage. Zuletzt hatte Nordrhein-Westfalen die allgemeine Stallpflicht aufgehoben. Auch hier entscheiden die Kreise und Kommunen, ob in einzelnen Regionen das Geflügel eingesperrt bleibt. Bayern hat vergangene Woche die Stallpflicht gleichfalls gelockert. Auch hier gibt es nur noch eine »örtlich begrenzte Aufstallungspflicht bei neuen Nachweisen der Geflügelpest«, so Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am Donnerstag. Märkte und Ausstellungen sind wieder möglich, Eier dürfen wieder »Freilandeier« sein. Erhöhte Sicherheitsbestimmungen auch in Kleinbetrieben gibt es aber weiter. Mit Agenturen

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