Fukushimas Strahlung ist für Roboter zu hoch
Radioaktivität hätte binnen 30 Sekunden getötet
Um 5 Uhr morgens schickten die Fukushima-Ingenieure am Donnerstag ihren Säuberungsroboter durch einen kleinen Rohrschacht ins Innere des völlig zerstörten Reaktors 2. Neun Stunden lang sollte der vermeintlich strahlenfeste Spezialroboter sich durch die schmalen Gänge schlängeln und dabei Trümmerablagerungen entfernen, um den Weg für weitere Erkundungsmissionen frei zu räumen.
Doch die Aktion war mühsamer als geplant. Immer wieder mussten die Ingenieure den eingebauten Hochdruckwasserstrahl betätigen, um Hindernisse aus einer offenbar geschmolzenen, dunkelbraunen Trümmermasse zu beseitigen. Je weiter der Roboter ins Reaktorinnere vordrang, desto schwieriger wurde es, die Brocken zu entfernen. Gerade einmal einen Meter war der Roboter in den ersten zwei Stunden vorangekommen, als die Kamera plötzlich immer wieder ausfiel. Die Ingenieure schlossen sofort, dass der Kameradefekt wohl an der hohen Strahlung liegen müsse.
Da der Roboter darauf ausgelegt war, maximal 1000 Sievert auszuhalten, errechneten die Ingenieure, dass an dieser Stelle in dem Reaktor eine Strahlung von 650 Sievert pro Stunde geherrscht haben muss. Das wäre genug, um einen Menschen innerhalb von 30 Sekunden zu töten. Schnell ordneten die Ingenieure den Rückzug des Roboters an.
Ursprünglich war geplant, in den nächsten Tagen einen Erkundungsroboter in den Reaktor zu schicken, der sich auf die Suche nach dem geschmolzenen Brennstoff machen sollte. Noch ist unklar, ob die Aktion durchgeführt werden kann, da auch dieser Roboter lediglich eine Strahlendosis von 1000 Sievert verträgt und seine Aufenthaltsdauer angesichts der extremen Strahlung möglicherweise sehr begrenzt wäre.
Erst vor wenigen Tagen hatte eine Robotermission ein etwa ein Quadratmeter großes Loch unter dem Reaktordruckbehälter gefunden, das höchstwahrscheinlich entstanden ist, als der überhitzte Brennstoff in den ersten Tagen nach der Tsunamikatastrophe im März 2011 durch den Druckbehälter geschmolzen war. Bevor die Betreiberfirma Tepco die Brennstoffreste aus den insgesamt drei havarierten Reaktoren entfernen kann, müssen sich die Ingenieure ein Bild von dem genauen Ort und Zustand der Kernschmelzen machen. Die gescheiterte Säuberungsmission macht nun wieder einmal deutlich, wie schwierig der Rückbau der Atomruine ist.
Ein Vertreter des staatlichen Instituts für Strahlenwissenschaften erklärte, Mediziner hätten sich noch nie mit dem Umgang mit solchen Strahlenniveaus befasst. Nun scheinen auch die Roboter an ihre Grenzen gekommen zu sein.
Laut offiziellem Rückbauplan soll bereits im Jahr 2021 damit begonnen werden, die Kernschmelzen zu entfernen.
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