Werden, der ich war

Generation kplus

  • Caroline M. Buck
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Leben ist nicht einfach in Ladakh. Kalt ist es, arm ist man, und als ob das nicht reichte, ist der junge Padma Angdu noch besonders gefordert: Mit fünf war er, den seine Mutter eigentlich aus Gesundheitsgründen hatte abtreiben sollen, als Reinkarnation eines buddhistischen Weisen erkannt worden. In einem Alter, in dem andere mit der Schule beginnen, wurde er deshalb vom örtlichen Kloster zum Rinpoche gesalbt. Mönch werden als kleines Kind, und dann auch noch Heiliger - eine ziemliche Zumutung.

Was aber, wenn aus dem Kloster, in dem Angdu in einer früheren Inkarnation gelehrt haben soll, nun keiner kommt, ihn dorthin zurückzuführen? Das nämlich liegt in Tibet, ist chinesisch besetzt und gar nicht zugänglich für einen Nachwuchsmönch und angehenden Lehrmeister. Im örtlichen Kloster in Ladakh aber kann Angdu nicht lebenslang ausharren und auf eine Änderung der geopolitischen Verhältnisse warten. Dort gibt es bereits einen Rinpoche - und welches Kloster könnte schon zwei Äbte brauchen?

»Becoming Who I Was«, werden, der ich war - für Angdu wird das ein ziemlich weiter Weg sein, vom traditionellen Dorfdoktor und buddhistischen Repetitor treu begleitet, der sich mit Fürsorglichkeit, guten Ratschlägen, Demut und Gelächter dieser neuen Lebensaufgabe annimmt. Bis er kränkelt - und Angdu zunehmend an seiner exponierten Isoliertheit verzweifelt. Zunächst führt sein Weg zurück ins örtliche Kloster: zum Lernen, nicht zum Lehren. Dann aber machen der Doktor und er sich auf die Reise über die indische Ebene und Sikkim Richtung Tibet, ein Meister auf der Suche nach seinen Schülern.

Die Dokumentarfilmer Moon Chang-Yong und Jin Jeon stammen nicht aus Ladakh, sondern aus Südkorea. Ihre bildstarke, detaillierte Langzeitbeobachtung gehört trotzdem zum Besten, was in diesem Genre bisher zu sehen war. Filme zu Spielarten des Themas »Hilfe, mein Sohn ist ein buddhistischer Heiliger« gibt es nämlich eine ganze Menge - dieser hier ist eine echte Perle. Ein berührender Film über Menschlichkeit und das Eintreten füreinander, ganz diesseits vom Glauben an Reinkarnation und Sendung.

Was die Zukunft bringen wird, ist eine häufige Frage in den Filmen für Kinder im vorpubertären Alter bei »Generation kplus«. Kindheit ist hier selten reine Idylle, selbstvergessene Spielwiese oder völlig unbeschwert. Oft ist sie bloß Übergangsstadium ins spätere Leben wie für Angdu. Eine Zeit der Orientierung zwischen Welten wie für den jungen Ady, der in Frankreich aufwuchs und sich plötzlich bei der Verwandtschaft in Burkina Faso wiederfindet, im französischen Spielfilm »Wallay« des Wahl-Burkinaben Berni Goldblat. Oder eine Zeit der Ausgrenzung, der autoritären Verhältnisse und Einsamkeit wie in »Shi Tou« von Xiang Zhao, einem anderen nah an der Realität inszenierten Spielfilm. Der spielt in einer Schule im dörflichen China, unter lauter Söhnen von Wanderarbeitern, die in der fernen Stadt ihr und ihrer Kinder Glück zu verdienen suchen. Und stattdessen eine ganze Generation von Waisenkindern schaffen.

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