Verbot der »Fussilet«-Moschee vorangetrieben

Innenausschuss debattiert über aktuelle Sicherheitslage / Rechte Anschlagsserie wird nur kurz Thema

  • Paul Liszt
  • Lesedauer: 3 Min.

Torsten Akmann (SPD), Staatssekretär für Inneres, referierte am Montag im Innenausschuss ausführlich zum Stand der Ermittlungen nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016. Die Bundesanwaltschaft ermittle im Verfahren gegen einen zweiten namentlich bekannten, mutmaßlichen Mittäter des in Mailand erschossenen Anis Amri. Akmann sagte, dass Amri insgesamt vier Mal auf Observationsvideos der Berliner Polizei im Umfeld einer Moschee in Moabit zu sehen sei, zuletzt am Tattag etwa eine Stunde vor dem tödlichen Anschlag. Derzeit werde in der Innenverwaltung das Verbot des Vereins, der die »Fussilet«-Moschee betreibt, vorangetrieben. Drei Mitarbeiter seien mit dem Fall befasst. Der Staatssekretär rechne damit, dass ihm bereits Ende des Monats ein erster Entwurf der Verbotsverfügung vorliegen werde.

In der anschließenden zweieinhalbstündigen Aussprache zur Sicherheitslage der Stadt waren sich Koalition und Opposition erwartungsgemäß uneinig über die Frage, wie es zum Anschlag kommen konnte und was nun zu tun sei. »Staatliches Versagen, von dem jetzt gesprochen wird, würde man in weniger aufgeregten Zeiten Rechtsstaatlichkeit nennen«, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) und wies einen entsprechenden Vorwurf zurück. »Abschiebungen helfen nicht weiter«, sagte er weiter, wenn 80 Prozent der islamistischen »Gefährder« in Berlin deutsche Staatsangehörige seien. Damit konterte eine entsprechende Forderung von CDU und AfD. Auch um die Frage der Videoüberwachung gab es erneut Kontroversen. Wolfgang Albers (LINKE) verwies darauf, dass es sich bei der immer wieder geforderten Videoüberwachung in der Realität nur um eine »Videodokumentation« handele, die nicht geeignet sei, Straftaten zu verhindern. Auch sein Fraktionskollege Hakan Taş warnte vor »Scheindebatten«.

Den Angriff auf Polizeifahrzeuge in der Nacht zu Sonntag in Kreuzberg, verurteilte der Innensenator gleich zu Beginn. Polizeipräsident Klaus Kandt ging auf eine Frage der AfD bezüglich Spekulationen einer Boulevardzeitung ein. Die Zeitung hatte einen Zusammenhang zu einer Veranstaltung in einem nahe gelegenen linken Wohn- und Kulturprojekt in der Köpenicker Straße hergestellt. Die Polizei habe die Veranstaltung stürmen wollen, die Polizeiführung habe dies verhindert. Kandt wies dies zurück. Die Polizeiführung habe darauf keinen Einfluss.

Erst in den letzten zehn Minuten der Sitzung ging es auch um die rechte Anschlagsserie in der Stadt. Unter dem Tagesordnungspunkt »Besondere Vorkommnisse« äußerte sich Geisel zu rechten Übergriffen in Neukölln. Mit Sorge beobachte der Senat verstärkte rechtsextreme Straftaten im Bereich der Hufeisensiedlung im Neuköllner Ortsteil Britz, so Geisel. Konkret nannte er die Angriffe auf den SPD-nahen Jugendverband der Falken. Er kündigte für diese Woche einen Solidaritätsbesuch im Anton-Schmaus-Haus an, das in der Vergangenheit schon mehrfach attackiert wurde. Bereits am vergangenen Donnerstag nahm Geisel an einer Kundgebung für die langjährige Leiterin der Einrichtung teil, dessen Auto zuvor in Brand gesetzt worden war. Mit Blick auf den möglichen Täterkreis verwies Geisel auf die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dass die NPD nicht verboten worden sei, bedeute nicht, dass »einzelne Täter« aus diesem Umfeld nicht weiterhin gefährlich seien.

Bei der jüngsten Serie von Brandstiftungen in elf Mietshäusern in Neukölln gehen die Behörden offenbar von keiner politischen Motivation aus. Alle betroffenen Häuser seien leicht zugänglich gewesen. In den Eingangsbereichen hätte sich jeweils eine größere Menge brennbarer Materialen befunden. Zur Aufklärung sei eine besondere Ermittlungsgruppe beim Landeskriminalamt gebildet worden, sagte der Innensenator.

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