Auf die Straße sanktioniert

Fabian Lambeck über junge Menschen, die im Hartz-IV-System scheitern

  • Fabian Lambeck
  • Lesedauer: 2 Min.

»Guten Tag, mein Name ist Sebastian und ich lebe seit zwei Jahren auf der Straße. Wenn sie mir mit ein paar Cent aushelfen können für eine warme Mahlzeit oder einen Schlafplatz, wäre ich ihnen sehr dankbar«. Wer regelmäßig in der Berliner Innenstadt mit S- und U-Bahn unterwegs ist, hört Sätze wie diese fast täglich. Oft sind es sehr junge und sehr ungesund aussehende Menschen, die Fahrgäste so um Geld anbetteln. Man fragt sich dann, wie es sein kann, dass in der Bundesrepublik junge Leute auf der Straße landen. Das soziale Netz ist zwar grobmaschiger geworden, doch zumindest Hartz IV bleibt denen, die auf dem Arbeitsmarkt Probleme haben. Nach Schätzungen von Sozialverbänden leben 10.000 bis 15.000 obdachlose Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene auf Deutschlands Straßen. Nicht wenige waren zuvor im Hartz-IV-Bezug.

Fachleute wie Inge Hannemann warnen seit Jahren, dass die Totalsanktionen kontraproduktiv sind, weil gerade jüngere Betroffene im Falle einer solchen Höchststrafe den Kontakt zum Jobcenter ganz abbrechen. Wer kein Geld vom Staat mehr erhält, der besorgt es sich anderweitig. Die Bundesarbeitsministerin scheint das zu wissen, wollte sie die strengeren Sanktionen für unter 25-Jährige doch abschaffen, doch scheiterte sie damit am Widerstand der CSU. Wenn ihr Ministerium nun vorgibt, nicht zu wissen, was mit den Vollsanktionierten passiert, dann ist das bestenfalls die Halbwahrheit.

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