Russland will lebenslanges Rauchverbot
Kritik in Internetforen
»RAUCHEN TÖTET«, steht in Großbuchstaben auf jeder Zigarettenpackung in Russland. Tabakwerbung ist verboten. In Lebensmittelgeschäften dürfen Zigaretten nicht offen ausliegen. 2014 verbot das russische Gesundheitsministerium das Rauchen in Hotels. Seine neue, in der »Iswestija« veröffentlichte Konzeption der Bekämpfung von Tabakkonsum verfolgt das Ziel, diesen bis 2025 um ein Viertel zu reduzieren.
Daneben will das Gesundheitsministerium die Tabaksteuer von derzeit 1930 Rubel pro 1000 Zigaretten (30,50 Euro) respektive 38,60 Rubel pro Schachtel, was 40 Prozent des Einzelhandelspreises entspricht, auf 70 Prozent erhöhen. In Europa betrage die Abgabe im Durchschnitt 2,38 Dollar (185 Rubel) pro Packung, heißt es. 2020 soll die Steuer 4400 Rubel pro 1000 Zigaretten erreichen und in den Folgejahren stets steigen. Ab 2017 wird eine Zehnprozentsteuer für den Verkauf von Tabak und elektronischen Zigaretten im Handel eingeführt. Ab 2018 werden Zigarettenhersteller mit einer zusätzlichen Ökosteuer belegt.
Zudem soll der Verkauf von Zigaretten an Personen, die nach 2014 geboren wurden, per Gesetz verboten werden, und zwar nicht nur bis zum Alter von 18 Jahren, sondern bis ans Lebensende. Das Verbot soll ab 2033 wirksam werden, wenn die heute Zweijährigen das Erwachsenenalter erreichen.
Der Kreml hält sich bedeckt. Da der Vorschlag von einem Staatsamt ausgehe, müsse er der Bevölkerung zur landesweiten Diskussion vorgelegt werden, sagte Präsidentensprecher Dmitri Peskow. Finde er Zustimmung, so müsse sich die Staatsduma den Gesetzentwurf vornehmen. Die Abgeordneten haben sich bereits über die Idee von Gesundheitsministerin Veronika Skworzowa abfällig geäußert. In Internetforen herrscht ätzende Kritik. Ein Witz macht in Medien die Runde. Ein Patient klagt beim Arzt über chronischen Husten. »Rauchen Sie?«, will jener wissen. Als der Kranke bejaht, sagt der Arzt, er müsse es sofort aufgeben. »Soll ich künftig nur noch husten?«, fragt der Patient.
Das Verbot des Zigarettenverkaufs an künftige Raucher wäre verfassungswidrig, so der »Moskowski Komsomolez«. Das Grundgesetz sichere allen Bürgern gleiche Rechte zu und verbiete Diskriminierung. Nun sollen diejenigen, die fünf Minuten vor Mitternacht am 31. Dezember 2014 das Licht der Welt erblickt haben, Raucher werden können. Die Minuten später zur Welt kommen, werden aber den Glühstengel nie in der Hand halten dürfen. Das Gesetz sei unsinnig, weil sich die meisten Leute nicht vorschriftsmäßig mit 18, sondern schon in der Schule das Rauchen angewöhnen. Und überhaupt, wer rauchen wolle, werde es tun. Die verbotene Frucht schmecke eben besser.
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