Bleibt weg oder kommt her
MEINE SICHT
Kommt bloß nicht nach Berlin! Lasst den Nordwesten Brandenburgs nicht im Stich! Bleibt in der Prignitz oder zieht nach Neuruppin. Das ist ein sehr schöner Ort, und er liegt nicht weit weg von Eurer Heimat.
Zugleich befindet sich Neuruppin quasi vor den Toren der Bundeshauptstadt. Wenn Ihr also die Kulturszene Berlins genießen wollt, dann könnt ihr schnell mal hinfahren in die Theater, Opern, Galerien und Klubs. Die Kulturszene und viele andere Dinge in Berlin sind wirklich immer eine Reise wert. Aber ansonsten ist es hier laut, die Luft ist schmutzig und die öffentliche Verwaltung kriegt nichts auf die Reihe außer Abkassieren in den Anwohnerparkzonen. Außerdem sind die Ureinwohner, obwohl sie sich in den vergangenen Jahren gebessert haben, immer noch ziemlich unfreundlich.
Wenn ihr berlinern wollt, ick sach' et Euch, dit jeht Jotwede fille besser. In Brandenburg findet Ihr für diese derbe Umgangssprache leichter Gesprächspartner als in der Hauptstadt, wo die Zugezogenen schwäbeln oder Kölsch reden oder was weiß ich.
Mama und Papa freuen sich, wenn Ihr in der Nähe wohnen bleibt. Besonders dann, wenn sie Oma und Opa werden und ihre Enkel sehen möchten. Allerdings: Vielleicht werden sie gar keine Großeltern, weil ihr keine Kinder bekommt - weil ihr in der Prignitz keinen Partner findet.
Na gut. Dann macht doch, was Ihr wollt. Dann kommt doch nach Berlin. Man lebt schließlich nur einmal. Ich kann und will Euch nicht vorschreiben, wie und wo Ihr leben sollt. Ich habe die Provinz schließlich auch verlassen, bin erst zum Studium in die eine Metropole gegangen und dann wegen der Perspektive in die andere. Wenn ich seinerzeit zu hause Arbeit gefunden hätte, wäre ich gern dort geblieben. Mir gefiel es da sehr gut. Allerdings hätte ich dann auch gar nichts anderes gekannt.
Von mir aus seid Ihr herzlich willkommen in Berlin. Viel Glück bei der Wohnungssuche. Ich habe Euch gewarnt!
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.