Sieben Tage, sieben Nächte

  • Lesedauer: 2 Min.

Bevor die Hauptpost des belagerten Sarajevo zerstört wurde, stand auf die Fassade des Gebäudes gesprüht: »Das ist Serbien!« - und als Antwort darunter: »Das ist die Post, du Idiot!« Wüsste man es nicht besser, so könnte man meinen, der Angriff habe dem Satz gegolten, der nicht nur Humor in finsteren Zeiten, sondern auch die politische Weigerung ausdrückte, den nationalistischen, ethnischen und religiösen Wahn mitzumachen, der maßgeblich Schuld am bosnischen Krieg trug.

Der bisweilen tiefschwarze Humor der Menschen in der für 1425 Tage belagerten Stadt, die sich trotz des grausamen und gefährlichen Alltags nicht unterkriegen lassen wollten, ist legendär. Lachen - auch und gerade mit Tränen in den Augen - kann im wahrsten Sinne des Wortes entwaffnend sein, weshalb es all jene, deren Herrschafts- oder Überzeugungsweisen auf Einschüchterung, Bedrohung und Terrorisierung beruhen, nach Kräften bekämpfen. Durch Lachen vermag der Mensch, sich von seiner Angst zu befreien, sagte Søren Kierkegaard (Seite 25). Anders lässt sich kaum erklären, dass Menschen etwa ihre Satiren übers Internet verbreiten, obwohl sie damit rechnen müssen, deswegen verprügelt, verhaftet oder umgebracht zu werden. »Ich kann diese Situation nur mit Humor ertragen«, erzählt ein junger Iraker, der für seine Sketche über den Islamischen Staat (IS) Morddrohungen erhält (Seite 26).

Wir haben diese Ausgabe zu einem Zeitpunkt geplant, als das Jahr schon entsetzlich genug, aber Berlin noch vom Terror verschont war. Die zeitliche Nähe zum Anschlag vom Montag hätte uns beinahe dazu gebracht, alles noch einmal zu verändern, uns und Ihnen das Thema Humor zumindest für die Feiertage zu nehmen. Aber auf wann verschieben? Wenn der Berliner Anschlag zwei Wochen her ist und die Welt wieder auf einen anderen Ort des Grauens blickt?

Ist es eine Zumutung, gerade jetzt in das grinsende Gesicht von Horst Seehofer zu blicken, fragten wir uns. Oder ist die Zumutung des gewöhnlichen journalistischen Geschäfts nicht viel größer, wenn der vermeintlich betroffene CSU-Vorsitzende Trauer und Ängste der einen ausnutzt, um eiskalt seine menschenverachtende Politik auf Kosten der anderen voranzutreiben?

Wir haben uns für den Humor entschieden. Trotz und wegen der schrecklichen Ereignisse, die Berlin getroffen haben. Und sogar Horst Seehofer erhielt eine Duldung in dieser Ausgabe, obwohl er die Obergrenze des Erträglichen in dieser Woche einmal mehr überschritten hat.

Wir wünschen jenen, die leiden, trauern oder sich Sorgen machen, viel Kraft und allen zusammen schöne, friedliche Tage und weniger finstere Zeiten! Regina Stötzel

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