Kleine Lebensretter an der Zimmerdecke

Mecklenburg-Vorpommern war eines der ersten Bundesländer mit Rauchmelderpflicht - wie sieht die Bilanz nach zehn Jahren aus?

  • Iris Leithold, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Zehn Jahre nach Einführung der Rauchmelder-Pflicht für Wohnungen in Mecklenburg-Vorpommern haben Retter und Behörden eine positive Bilanz gezogen. Mehrere Leben seien dank der kleinen Geräte gerettet worden, sagte Landesbrandmeister Hannes Möller. »Auch werden viele Wohnungsbrände weniger groß, da Rauchmelder anschlagen, wenn zum Beispiel ein Topf auf dem Herd vergessen worden ist und Rauch aufsteigt.«

So sprang im September in Ludwigslust der Rauchmelder im Kinderzimmer einer Wohnung an, so dass die Familie mit ihrem Baby rechtzeitig das Haus verlassen konnte. Seit 2006 müssen alle Neubauten im Nordosten mit den Geräten ausgestattet sein, seit Anfang des Jahres 2010 auch die bereits bestehenden Wohnungen. Rauchwarnmelder sind nach der Landesbauordnung in Schlafräumen, Kinderzimmern und Fluren zu installieren.

Mindestens 50 Zentimeter Abstand

Rauchwarnmelder sollten stets an der Zimmerdecke – idealerweise in der Raummitte – montiert werden. Dabei sollte man beachten, dass der Abstand zur nächsten Wand, zu Einrichtungsgegenständen wie Mobiliar und zu einem Unterzug mindestens 50 Zentimetern beträgt. Ein weiterer Rauchmelder sollte montiert werden, wenn der Raum größer als 60 Quadratmeter ist. Auch wenn Räume durch Trennwände/Teilwände oder Möbel unterteilt werden, sollte in jedem Teilbereich mindestens ein Rauchmelder angebracht werden. nd

Ob der Pflicht überall nachgekommen wird, darüber liegen dem Innenministerium in Schwerin keine Informationen vor, wie Sprecher Michael Teich sagte. »Es wird aber davon ausgegangen, dass nach zehn Jahren eine vollständige Ausstattung mit Rauchwarnmeldern erfolgt ist.« Eine dpa-Umfrage unter Bewohnern selbstgenutzter Eigenheime ergab jedoch, dass dem nicht überall so ist. Zuständig für Kontrollen zur Einhaltung der Vorschriften sind die Bauaufsichtsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte. Dies betreffe jedoch nur sogenannte Sonderbauten, wie eine Sprecherin des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte sagte. Wohnungen gehörten dazu nur in Ausnahmefällen. Jeder Bürger sei aber verpflichtet, die gesetzlichen Regelungen einzuhalten, betonte die Sprecherin.

Auch im Landkreis Ludwigslust-Parchim und in der Stadt Rostock wird in Privatwohnungen nicht kontrolliert, wie Sprecher erklärten. Das sei nicht zu leisten, sagte der Ludwigslust-Parchimer Landkreissprecher Andreas Bonin.

»Brandrauch ist heimtückisch, er ist schneller als das Feuer und betäubt in kürzester Zeit«, mahnte Teich. »Das Einatmen schon geringer Mengen des hochgiftigen Kohlenmonoxids kann in wenigen Minuten zum Tod führen.« In den vergangenen Jahren seien in Mecklenburg-Vorpommern jährlich zwischen fünf und 14 Menschen durch Wohnungsbrände ums Leben gekommen. Bundesweit seien es zwischen 370 und 440.

Gerade nachts könnten auch kleine Brände zur großen Gefahr werden, wenn die Schlafenden nicht rechtzeitig gewarnt werden. »Ein Rauchwarnmelder ist der beste Lebensretter. Er verschafft im Gefahrenfall den nötigen Vorsprung, um sich und seine Familie in Sicherheit zu bringen und die Feuerwehr zu alarmieren«, sagte Teich. Mitunter helfen Rauchwarnmelder auch jenseits ihres eigentlichen Zwecks. So lotste im März ein Gerät Hilfe für eine gestürzte Rentnerin in Tessenow bei Parchim herbei. Die 87-Jährige hatte sich bei einem Sturz am Kopf verletzt und sich ins Bett gelegt, ohne das zuvor angesetzte Essen vom Herd zu nehmen. Kurze Zeit später löste die starke Rauchentwicklung in der Küche den Alarm aus, der wiederum einen Nachbarn aufschreckte. Er rief die Feuerwehr, Retter brachten die Frau ins Krankenhaus. In Burg Stargard (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) führte ein Rauchmelder im Herbst des Jahres 2015 die Feuerwehr zu einer Cannabis-Plantage. Eine Nachbarin hatte das Piepen des Brandmelders in der Wohnung neben ihr gehört und die Feuerwehr alarmiert. Die Kameraden entdeckten eine Cannabis-Plantage mit mehreren Dutzend Pflanzen. Der Rauchmelder war vermutlich durch einen überhitzten Heizstrahler ausgelöst worden.

Allerdings kommen immer wieder auch Fehlalarme vor, wie Möller sagte. Zahlen lägen dazu bisher nicht vor. Dem Landesbrandmeister sind ein paar Fehlalarme aber lieber als eine Katastrophe, wie er sagte. Sie kämen zum Beispiel vor, wenn der Rauchmelder piept, weil die Batterie des Gerätes leer ist, und die Nachbarn das fälschlicherweise als Rauchalarm deuten.

»So ein Fehleinsatz der Feuerwehr muss dann vom Betreffenden nicht bezahlt werden«, sagte Möller. Anders bei Betreibern großer Brandmeldeanlagen etwa in Kaufhäusern oder Pflegeheimen. Dort könnten durch hohe technische Standards Fehlalarme vermieden werden. Geschehe dies nicht, müssten die Betreiber bei einem Fehlalarm für die Kosten geradestehen. dpa/nd

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