Münchner Systemfreude

Mit dem 5:0 gegen den VfL Wolfsburg kehrt der FC Bayern an die Spitze zurück

  • Maik Rosner
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Spieler des FC Bayern sprechen sich nach ihrem wenig herausfordernden Sieg gegen Wolfsburg vehement für Ancelottis neue 4-2-3-1-Formation aus.

Von Maik Rosner, München

Es ist nur ein Gerücht, dass sich die Spieler des FC Bayern auf ihrer Weihnachtsfeier noch ein paar besondere Einlagen einfallen gelassen haben. Sitzreihen zum Essen etwa, ausgestattet mit vier, zwei und drei Stühlen, abgeschlossen von einem vorangestellten Stuhl für Robert Lewandowski, der seine eigene Reihe bildete. Ebenfalls nur ein Gerücht ist es, dass später in der 4-2-3-1-Formation getanzt worden ist. Einer der größten Schickimickiläden in Münchens Innenstadt hat sicherlich schon einige erstaunliche Besucher und Begebenheiten erlebt, wozu seit dem vergangenen Samstagabend durchaus auch der Auftritt des Trainers Carlo Ancelotti gehört, der zunächst damit überraschte, seine Schwiegermutter mitzubringen und im weiteren Verlauf gar den Weihnachtsmann gab.

Doch die Sache mit den Sitzreihen und Tanzeinlagen im 4-2-3-1 hatte sich dann doch nicht zugetragen. Überrascht hätten diese Partymanöver nach dem lockeren 5:0 (2:0) gegen den schwer kriselnden VfL Wolfsburg allerdings beinahe weniger als der tatsächlich rot bemützte Ancelotti. Sehr deutlich hatte sich die Belegschaft nach der Rückkehr an die Tabellenspitze ja für das neue System ausgesprochen, auch unter Verweis auf Thomas Müller, der nach 999 Minuten wieder einmal ein Bundesligator erzielen durfte, sein erstes in dieser Saison. »Wir sind die letzten Male gut gefahren mit einer hängenden Spitze«, erinnerte Kapitän Philipp Lahm besonders an den 3:1-Sieg vor zehn Tagen in Mainz, wo Ancelotti erstmals von seinem bevorzugten 4-3-3 abgerückt war und Müller als zusätzliche Offensivkraft zentral hinter Lewandowski in seine Lieblingsrolle beordert hatte, flankiert von Arjen Robben und Franck Ribéry. »Wir tun uns damit in der Offensive etwas leichter«, befand Lahm nun, und auch wenn man beide Systeme spielen könne: »Aktuell passt es so vielleicht etwas besser.«

Gewiss, die Wolfsburger gaben einen umfassend überforderten Gegner und nebenbei ein ziemlich tristes Bild ab, wovon die Münchner profitierten. Dennoch war die Rückkehr der Spielfreude der wichtigste Grund für den zweithöchsten Saisonsieg und zugleich der passende Vorlauf des zweiten Programmpunkts des Tages. »Es ist schön, so auf die Weihnachtsfeier gehen zu können«, sagte Torwart Manuel Neuer. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sprach wegen Leipzigs 0:1-Niederlage 70 Kilometer nördlich in Ingolstadt und wegen Dortmunds 1:1 in Köln von einem »wunderbaren Spieltag«, ehe er gar »eine Wagenladung Weißwürste und Weißbier« für den oberbayerischen Nachbarn FCI ankündigte.

Zuvor hatten Robben (18.) und Lewandowski (21.) mit ihren Toren nebenbei auch den Rekord von 15 Heimsiegen gegen Wolfsburg hintereinander auf den Weg gebracht. Später erhöhten erneut Lewandowski (58.), Müller (76.) und Douglas Costa (86.) zum Endstand, in dem erstmals seit immerhin sieben Wochen in der Liga kein Gegentor zu beklagen war. »Unsere Performance war gut«, lobte Ancelotti und gab zugleich zu erkennen, an der modifizierten Offensive festhalten zu wollen. »Wir können beide Systeme spielen, aber die Spieler fühlen sich mit dem 4-2-3-1 am wohlsten«, sagte der Italiener.

Die Spieler bestätigten dies, besonders Robben sprach sich klar für eine Fortsetzung aus, zumal die Mannschaft in den Vorjahren ähnlich gespielt habe, wie er erinnerte. Die jüngsten drei Spiele in dieser Anordnung seien »sehr gut« gewesen, Müller habe »heute und gegen Mainz auf seiner besten Position gespielt«. Der Niederländer findet, »die kleine taktische Umstellung« habe zu den jüngsten Erfolgen beigetragen, und übergeordnet könne er sagen: »Dieses System ist besser, aber der Trainer muss entscheiden.« Viel Wahl bleibt Ancelotti bei dieser klaren Empfehlung und den weiteren positiven Stimmen aus der Mannschaft allerdings vorerst kaum. Zumal auch Rummenigge feststellte: »Wir haben jetzt wieder die Stabilität, die wir brauchen.« Das gilt wohl ebenso für Müller, der zwar eine Torwette gegen Rummenigge verloren, dafür aber an Sicherheit gewonnen hatte.

Das könnte auch in der Champions League noch sehr nützlich sein. An diesem Montag wird das Achtelfinale ausgelost. Der FC Barcelona, FC Arsenal, Juventus Turin, SSC Neapel, AS Monaco oder Leicester City könnten der Gegner werden. Doch ganz gleich, gegen wen es im Februar und März geht: Mit ziemlicher Sicherheit werden sich die Spieler dann erneut für das 4-2-3-1-System aussprechen. Auch ohne derartige Tanzeinlagen.

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