Politische Schatzsuche in Kiew

Ukrainischer Polizeichef Trojan präsentierte angebliche Hinterlassenschaften des Expremiers Asarow

  • Ulrich Heyden, Moskau
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Leiter der ukrainischen »Nationalen Polizei«, Wadim Trojan, präsentierte der Öffentlichkeit per Facebook zum Wochenende einen »sensationellen Fund«. Im Kiewer Darnizki-Bezirk verschaffte sich die Polizei Zugang zu einem Haus, in dem zahlreiche Taschen sichergestellt wurden, angeblich Eigentum des 2014 nach Moskau geflüchteten ehemaligen Ministerpräsidenten Nikolai Asarow. Den Wert der gefundenen Gegenstände beziffert der Polizeichef auf schätzungsweise »fünf Millionen Dollar«.

Wadim Trojan ist seit dem 14. November geschäftsführender Leiter der »Nationalen Polizei« der Ukraine. Er kämpfte im Jahr 2014 in der Ost-Ukraine in den Reihen des rechtsradikalen Bataillons Asow gegen Separatisten und war zeitweise sogar stellvertretender Leiter des Bataillons.

Auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte Trojan Bilder von Wertgegenständen, die angeblich dem geflüchteten früheren Regierungschef gehören. Zu sehen sind Bibeln, Ikonen, eine alte Mauser-Pistole, ein Säbel, Ausweise und ein angeblicher Brief des damaligen russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedjew vom Dezember 2013, in dem dieser sich bei Asarow für »den offenen Dialog« bei dem letzten Treffen bedankte.

Asarow bestritt ebenfalls via Facebook nicht, dass ihm zahlreiche - aber nicht alle - Fundstücke gehören. Eine genaue Bestimmung sei aus der Ferne aber nicht möglich. Eines der gezeigten Bilder habe er allerdings noch nie gesehen, hieß es weiter. Der Politemigrant bezeichnete das Vorgehen der ukrainischen Polizei als Vorverurteilung. Der Fund sei von den Medien groß gebracht worden, ohne dass er dazu Stellung nehmen konnte. Asarow erklärte, mit dem Fund wolle die Regierung in Kiew von dem neuesten Korruptionsskandal um den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko ablenken, den der ehemalige Rada-Abgeordnete Aleksandr Onischtschenko vor einigen Tagen in London bekannt gemacht hatte. Nach Aussage von Onischtschenko hat Staatschef Poroschenko sich seinen Einfluss in der Rada mit saftigen Bestechungsgeldern erkauft.

Seit seiner Flucht nach Moskau kämpft Asarow um seine Reputation. Die Regierung in Kiew würde ihn allzu gerne als habgierigen Oligarchen-Freund mit unermesslichen Reichtümern vorführen. Doch bisher ist das nicht gelungen. Der Anwalt von Asarow, Gabriel Lansky, erklärte zudem gegenüber »nd«, leider habe der Europäische Rat die von der ukrainischen Staatsanwaltschaft am 3. März 2014 beantragten Strafen gegen Asarow schon am 5. März 2014 ohne genauere Prüfung beschlossen und seitdem im Jahresrhythmus verlängert, obwohl das Europäische Gericht in Luxemburg die Sanktionen gegen Asarow am 28. Januar 2016 für nichtig erklärte.

Konten von Asarow, die eingefroren werden müssten, konnten in der EU nicht einmal gefunden werden. Nun versuche der Europäische Rat nachzuweisen, dass Asarow staatliche Gelder veruntreut habe, so Anwalt Lansky. Zuletzt ging es um das von Asarow angeschaffte abhörsichere Telefon für Flüge ins Ausland. Anstatt sich das Telefon bei einer ukrainischen Telekommunikationsfirma zu beschaffen, habe sich der Ministerpräsident das Telefon vom Staat bezahlen lassen.

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