Wenn Sportlehrer in Rente gehen

Zwei Drittel der Thüringer Sportlehrer sind über 50 Jahre alt - Landesregierung unter Druck

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Erfurt. An Thüringens Schulen fehlen junge Sportlehrer. 63 Prozent der Lehrer in den Turnhallen sind 50 Jahre alt oder älter. Das geht aus einer neuen Statistik des Bildungsministeriums des von Rot-Rot-Grün regierten Landes hervor. Demnach haben 1824 Pädagogen, die Sport unterrichten, das 50. Lebensjahr bereits überschritten. Die meisten von ihnen sorgen in Ostthüringen dafür, dass sich Schüler ausreichend bewegen. Landesweit gibt es fast 2900 Sportlehrer. Knapp 100 von ihnen sind den Angaben zufolge jünger als 31. Marion Rosin, für Sportpolitik in der SPD im Thüringer Landtag zuständig, sprach von alarmierenden Zahlen.

»Ab einem gewissen Alter gibt es Einschränkungen. Da fällt es manchen schwer, vor Kindern den Kopfstand zu demonstrieren«, gab Rosin zu bedenken. Laut Ministerium sind sieben Sportpädagogen in Thüringen sogar älter als 65 Jahre. »Sportlehrer verbringen fast den ganzen Tag in der Turnhalle und müssen beweglich sein.« Für den Landessportbund ist das Alter eines Sportlehrers unerheblich: »Dass jemand über 50 ist, sagt nichts über die Fitness des Lehrers und die Qualität des Unterrichts aus«, erklärte Hauptgeschäftsführer Rolf Beilschmidt.

Nach Rosins Einschätzung steigt mit dem Alter aber die Gefahr einer Erkrankung - und damit droht Unterrichts-Ausfall. »Im Alter fangen die Zipperlein an.« Außerdem gingen viele ältere Lehrer in absehbarer Zeit in den Ruhestand, erklärte Rosin. Nach Prognose des Bildungsministeriums werden bis zum Schuljahresbeginn 2021 an Grundschulen 115 Sportlehrer benötigt, an den Regelschulen 69 und an Gymnasien 58.

Laut Statistischem Landesamt studieren an den Thüringer Hochschulen derzeit 545 künftige Sportlehrer. Ob sie nach Abschluss ihres Studiums im Freistaat bleiben, ist offen. Die meisten studieren Lehramt fürs Gymnasium. Ein Studium für Sportlehramt an Grundschulen, das die Uni Erfurt anbietet, nahmen vor einem Jahr dem Ministerium zufolge lediglich zehn Studenten auf. Im Jahr zuvor waren es noch sieben mehr.

»Ich erwarte von der Landesregierung eine Informationskampagne«, forderte Rosin und verspricht sich davon mehr Studenten, die künftig Sportlehrer werden wollen. »Die Jugend muss frühzeitig motiviert werden.« Rosin sieht auch den Landessportbund im Boot, der Kontakt zu vielen jungen Thüringern habe, die etwa Mannschaften trainieren. Außerdem müsse das »Kriterium Bezahlung« berücksichtigt werden, forderte sie. Die SPD hatte sich offen gezeigt, Lehrer wieder zu verbeamten, um damit mehr Pädagogen nach Thüringen zu locken.

»Uns ist wichtig, dass kein Sportunterricht ausfällt«, erklärte Sportbundchef Beilschmidt. Schüler müssten sich jeden Tag mindestens eine Stunde lang bewegen. Das könne im oder außerhalb des Unterrichts oder in der Freizeit sein. Studien zufolge bewegen sich viele Jugendliche zu wenig. »Das hat Auswirkungen auf die Gesundheitskosten in der Zukunft«, sagte Beilschmidt. Nach seinen Angaben pflegen Sportvereine landesweit mehr als 1000 Kooperationen mit Schulen und bieten außerhalb des Unterrichts Kurse in sämtlichen Sportarten an.

Nach der Einschätzung der Fachleute aus dem Bildungsministerium reicht derzeit die Zahl der Sportlehrer aus, um die Vorgaben im Stundenplan zu erfüllen. Allerdings gibt es 272 auf Sport spezialisierte Pädagogen, die das Fach nicht mehr unterrichten. Zu den Gründen machte das Ministerium keine Angaben. dpa/nd

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