Strafgerichtshof weiter auf Russland fixiert

Bensouda will in Sachen Südossetien-Krieg ermitteln

  • Sophie Mignon, Den Haag
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), Fatou Bensouda (Gambia), hat sich von Russlands Abkehr vom IStGH unbeeindruckt gezeigt. Das Gericht in Den Haag werde weiter seinem »wichtigen Mandat« nachkommen, sagte Bensouda am Mittwochabend. Die Regierung in Moskau hatte zuvor angekündigt, die Unterschrift unter das Gründungsstatut des Gerichtshofs zurückzuziehen.

»Ohne den IStGH werden wir in eine noch turbulentere Welt abgleiten, in der Chaos und Gewalt die Oberhand gewinnen«, warnte Bensouda. Gegenüber AFP sagte die Juristin, Moskaus Entschluss werde sie nicht daran hindern, die Untersuchungen möglicher Kriegsverbrechen während des Südossetien-Konflikts zwischen Georgien und Russland fortzuführen. Zudem kündigte sie an, Verbrechen gegen Kinder schärfer ahnden zu wollen.

Nach Angaben des russischen Außenministeriums geschieht der Rückzug Russlands aus dem IStGH auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin. Moskau kritisierte den Umgang des Strafgerichts mit Konflikten, an denen Russland beteiligt ist, sowie einen Mangel an Effizienz. Russland hatte das Römische Statut zur Gründung des Gerichtshofes im Jahr 2000 unterschrieben, den Vertrag bislang aber nicht ratifiziert - ebenso wie China und die USA. Der Haager Strafgerichtshof in den Niederlanden verfolgt seit 2002 Völkermorde, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit weltweit.

Russland kritisierte, der Gerichtshof werde den »Hoffnungen der internationalen Gemeinschaft nicht gerecht«. Das Strafgericht habe sich außerdem nie zu einer »wirklich unabhängigen« Institution entwickelt, sondern arbeite »einseitig und ineffizient«, erklärte das russische Außenministerium. »In 14 Jahren Arbeit hat der IStGH nur vier Urteile gesprochen, bei alledem aber mehr als eine Milliarde Dollar ausgegeben.«

Als Beispiel nannte Moskau den Umgang des Gerichts mit dem Krieg zwischen Georgien und Russland im Jahr 2008. Dabei konzentriere sich der Gerichtshof auf mutmaßliche Verbrechen von russischen Truppen sowie von Milizen der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien. Die georgische Aggression gegenüber Zivilisten in Südossetien werde aber ignoriert.

Der Gerichtshof beschäftigt sich überdies mit dem Umsturz in der Ukraine und dem anschließenden Bürgerkrieg im Osten des Landes, jeweils mit Bezug auf Russland. »Unter diesen Umständen kann man nicht von Glaubwürdigkeit des Internationalen Strafgerichtshof sprechen«, hieß es aus Moskau. Daher habe Putin ein Dekret unterzeichnet, dass Russland kein Mitgliedstaat des Statuts sein solle. Der senegalesische Minister und Präsident der IStGH-Vertragsstaaten, Sidiki Kaba, bat Moskau »nicht zu gehen«.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.