Weniger Förderung für den Osten

Immer weniger Firmen gründen sich neu - obwohl es genug Unterstützungsmöglichkeiten gibt

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein kleiner Kredit kann kein Wunder bewirken. Aber er kann den Durchbruch für die Geschäftsidee eines Mittelständlers oder für einen jungen Meister bedeuten, der seine eigene Werkstatt aufmachen will. Doch die Gründungstätigkeit in Deutschland stagniert auf niedrigem Niveau. Im vergangenen Jahr wurden lediglich 150 000 Unternehmen gegründet. »Somit brachte auch 2015 keine Trendwende in der seit Jahren eher rückläufigen Gründungstätigkeit«, stellt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einer Studie fest. Noch im Krisenjahr 2008 waren weit mehr als 200 000 Firmen neu entstanden.

Als Gründe für die lahme Gründerszene werden die derzeit günstige Konjunktur und die gute Arbeitsmarktsituation angeführt. »Letztere bewirkt«, so das ZEW, »das insbesondere gut ausgebildete Menschen weniger Anreize haben, ihre sichere Erwerbssituation zu verändern und das Risiko einer Gründung einzugehen.« Dies erklärt jedoch nicht den seit den 1990er Jahren rückläufigen Trend. Hierfür dürften die demografische Entwicklung und die höheren Hürden für Gründungen in expandierenden Märkten verantwortlich sein. Unternehmen, selbst Handwerksbetriebe, müssen heute eine bestimmte Größe erreichen, um sich regional oder gar global durchsetzen zu können. Dies bewirkt einen höheren Finanzierungsbedarf.

Hier kommen die öffentlichen Bürgschafts- und Förderbanken ins Spiel. Ihre zinsgünstigen Kredite sind das gefragteste Förderinstrument in Deutschland. Darlehen über 65 Milliarden Euro vergaben die 19 Kreditinstitute im vergangenen Jahr. Dazu kamen Zuschüsse (6,4 Milliarden Euro) und Bürgschaften (1,44 Milliarden Euro). Der Großteil floss in die gewerbliche Förderung. Aber auch der Wohnungsbau, die Landwirtschaft und die darbenden Kommunen profitieren. »Die Zahlen zeigen erneut, wie wichtig Förderbanken in ihren Regionen und für Deutschland insgesamt sind«, heißt es beim Bundesverband öffentlicher Banken (VÖB) in Berlin.

Jedes Bundesland hat eine eigene Förderbank, Bayern sogar zwei. Allerdings fällt auf, dass es bei der gewerblichen Förderung ein deutliches Nord-Süd- sowie ein West-Ost-Gefälle gibt. Und zwar auch, wenn man die unterschiedliche hohe Bevölkerungszahl und die geografische Ausdehnung berücksichtigt. So wurden in Schleswig-Holstein im Jahr 2015 Förderdarlehen für mehr als zwei Milliarden Euro vergeben, während es in Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern jeweils weniger als 600 Millionen waren.

Beispiel Zuschüsse. Noch im Jahr 2008 lagen das »reiche« Hessen und das »arme« Mecklenburg-Vorpommern nahezu gleichauf bei je fast 200 Millionen Euro - 2015 ist davon keine Rede mehr. Während Hessen das Niveau in etwa halten konnte, flossen im Nordosten nur noch 30 Millionen Euro an öffentlichen Zuschüssen in die private Wirtschaft.

Beim Förderbankenverband VÖB zeigt man sich zunächst überrascht. Das Gefälle hänge »von regionalen Gegebenheiten und Schwerpunkten der Träger ab«, bekommt man auf der Suche nach einer Erklärung zu hören. Träger ist das jeweilige Bundesland. Dabei spielt die Höhe des Eigenkapitals eine Rolle, mit denen die Länder ihre Banken ausstatten. Je höher das Eigenkapital, desto mehr Kredite lassen die Aufsichtsregeln zu.

Eine wichtige Rolle spielen auch regionale und landeseigene Förderprogramme. So hat Bayern ein milliardenschweres Programm für die Breitbandverkabelung aufgelegt. In Thüringen verweist ein Sprecher auf die vergleichsweise junge Geschichte der Aufbaubank und auf die Wirtschaftsstruktur des Landes. Die Unternehmen seien eher klein und hätten eine hohe Eigenkapitalquote, benötigten daher weniger Förderung.

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