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Freispruch für Verona

Zu viele Ungereimtheiten, um die Täterschaft der Kuh zweifelsfrei festzustellen

  • Lesedauer: 2 Min.

Dillenburg: Im Zweifel für Verona: Der Prozess um einen mutmaßlichen tödlichen Kuh-Angriff ist mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Das Amtsgericht Dillenburg war am Donnerstag nicht davon überzeugt, dass das Tier im August 2011 im hessischen Greifenstein eine Spaziergängerin angegriffen und getötet hat. »Wir haben einige Indizien, die auf Verona verweisen«, sagte der Vorsitzende Richter Michael Heidrich. Doch aus Sicht des Gerichts blieben zu viele Ungereimtheiten, um die »Täterschaft« der Kuh zweifelsfrei festzustellen. Also sprachen die Richter deren Halterin vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei.

Die 57-jährige Spaziergängerin war tot auf einer Wiese gefunden worden. Sie starb durch »stumpfe Gewalteinwirkung eines größeren Tieres, wahrscheinlich eines Rindes«, fasste der Vorsitzende die Erkenntnisse der Gerichtsmediziner zusammen.

Zwar gebe es Hinweise, dass Verona die Frau attackiert haben könnte. Die Kuh war zuvor ausgerissen und die Angeklagte soll nicht genug getan haben, um sie wieder einzufangen. Zudem hatte Verona ein neu geborenes Kalb dabei und könnte - so die ursprüngliche Sicht der Anklage - getrieben vom Mutterinstinkt die Spaziergängerin angegriffen haben. Möglicherweise fühlte sich Verona vom Hund der Frau bedroht. Allerdings: »Das ist keine zwingende Schlussfolgerung«, betonte der Vorsitzende. Zumal nicht ausgeschlossen werden könne, dass andere Kühe oder auch Bullen für die Verletzungen verantwortlich seien.

Das Gericht beschäftigte sich bereits zum zweiten Mal mit dem Fall. Im ersten Prozess im Jahr 2013 war die heute 63 Jahre alte Angeklagte - und damit quasi auch Verona - schuldig gesprochen worden. Mehrere Tage war ihre Kuh in Freiheit, zusammen mit dem frisch geborenen Kalb.

Damals gab es auch deshalb keine Zweifel, weil Gen-Spuren an der Kleidung der Toten allein der Kuh zugeordnet wurden. Hinweise auf ein anderes Rind gebe es nicht, so ein Gutachter damals.

Wegen formaler Mängel ordnete das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein neues Verfahren an. Auf Initiative der Verteidigung wurden zudem die sichergestellten Spuren erneut und mit feineren Methoden untersucht - was zur Wende im neuerlichen Prozess beitrug. Denn neben Veronas DNA konnten Experten nun auch Spuren von mindestens zwei weiteren, unbekannten Rindern sicher nachweisen. Auch für die Staatsanwaltschaft blieben Zweifel, weswegen sie am Donnerstag ebenso wie die Verteidigung Freispruch für die Angeklagte forderte.

Nach Ansicht der Nebenklage sprach dagegen genug für einen Angriff Veronas. Die angeklagte Landwirtin betonte, es tue ihr leid, dass die Spaziergängerin so tragisch gestorben sei. Sie sei sich aber zu »99 Prozent sicher, dass es meine Kuh nicht gewesen ist«. Nach Informationen des Verteidigers soll Verona auf einem Gnadenhof sein. dpa/nd

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