Der Traum von der eigenen Taschenlampe

Thüringen: Leuchten für fast jeden Polizisten avisiert

  • Sebastian Haak, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Für viele Thüringer Polizisten war es seit Jahren ein Ärgernis. Nüchtern betrachtet wohl nur ein kleines, aber eben doch eine emotionale Sache: Zu ihrer persönlichen Ausrüstung gehörte bislang keine vom Freistaat als Dienstherren zur Verfügung gestellte Taschenlampe. Zwar gab es bislang nach Angaben der Landespolizeidirektion (LPD) Lampen, die zur Ausstattung der Thüringer Polizeifahrzeuge gehören und die von den Beamten genutzt worden sind. Doch waren das eben keine Einsatzlampen, die den einzelnen Polizisten zugewiesen waren. Weshalb viele Polizisten sich auf eigene Kosten Licht-Macher für ihren täglichen Einsatz kauften - und darüber schimpften, wie schlecht sie von ihrem Dienstherrn ausgestattet würden. Gleichzeitig träumten viele von ihnen von dem Tag, an dem der Freistaat endlich Diensttaschenlampen für seine Polizisten anschaffen würde.

Nun ist dieser erträumte Tag gekommen, wenn auch mit Verspätung: Nach übereinstimmenden Angaben der LPD - der obersten Polizeidienststelle - sowie der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind nun 4900 Einsatztaschenlampen für Thüringens Polizisten beschafft worden, die in diesen Tagen in den Dienststellen ankommen sollen.

»Polizeivollzugsbeamte des Einsatz- und Streifendienstes, der Einsatzunterstützungen, der geschlossenen Einheiten der Bereitschaftspolizei sowie des Kriminaldauerdienstes und der Kriminaltechnik in den Kriminalpolizeiinspektionen erhalten jeweils eine persönliche Ausstattung«, heißt es in einem Schreiben der GdP an ihre Mitglieder. Andere Polizeivollzugsbeamte hätten in den Dienststellen bei Bedarf Zugriff auf solche Lampen; über Poollösungen. Die GdP feiert die Auslieferung der Lampen als einen Erfolg ihres ständigen Werbens für eine solche Lösung - und sich selbst quasi als Erfüller großer Träume.

Den rot-rot-grün regierten Freistaat und damit den Steuerzahler kostet die Anschaffung dieser Lampen nach Angaben der LPD etwa 200 000 Euro. »In der Summe sind das abgezogene Skonto und eine Vertragsstrafe als Konsequenz einer Lieferverzögerung berücksichtigt«, sagt ein Sprecher der Behörde. Der Auftragnehmer habe die Lampen 16 Wochen später an die Polizei geliefert, als das eigentlich zugesagt gewesen sei. Alles in allem hat der Freistaat damit offenbar einen ziemlich guten Preis für die Lampen erhalten, der so bei etwa 40 Euro pro Stück liegt. Der Hersteller der Einsatzlampen gibt für vergleichbare Produkte auf seiner Webseite Stückpreise von etwa 50 Euro aufwärts an.

Auf die vollständige Erfüllung eines anderen ihrer Träume müssen Thüringer Polizisten dagegen offenbar noch warten: Bis die vom Freistaat bestellten neuen Schutzhelme für die Beamten vollständig geliefert sein werden, wird es noch bis ins Jahr 2017 hinein dauern. Immerhin sollten noch in diesem Jahr 1500 der Helme gekauft werden, hatte Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) vor wenigen Tagen erklärt. Weitere etwa 1200 Stück sollen im nächsten Jahr folgen. Stückpreis pro Helm nach Angaben des Innenministeriums: mehr als 2700 Euro. So viel Geld ist das, dass längst nicht jeder Polizist seinen eigenen Helm bekommen wird - was die Taschenlampen noch mal zu etwas besonderem macht.

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