Öffentliches Fernbusnetz geplant

In Thüringen endet der Linienverkehr oft an den Kreisgrenzen - Rot-Rot-Grün will das ändern

  • Christian Thiele, Erfurt
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Thüringer sollen künftig leichter mit dem Bus über Kreisgrenzen hinweg fahren können. Das Land will vom kommenden Jahr an schrittweise ein »landesbedeutsames Busnetz« einführen. Nach dem Vorhaben des Thüringer Verkehrsministeriums sollen davon in erster Linie Städte ohne einen eigenen Bahnhof profitieren. »Das Busnetz hilft uns dabei, eventuelle Versorgungslücken in den ländlichen Räumen zu schließen«, sagte Verkehrsministerin Birgit Keller (LINKE) der dpa. Wichtig sei dabei, dass die Busse aufeinander und mit der Bahn abgestimmt eingesetzt werden - auch über die Kreisgrenzen hinweg.

Bislang enden vielfach Buslinien an den Kreisgrenzen. Ziel der Ministerin ist es, künftig zwei Kreisstädte besser miteinander zu verbinden - eine Art Fernbuslinien innerhalb Thüringens. »Wir haben entlang der Bundesstraßen kein ordentliches Busliniennetz«, sagte der Geschäftsführer des Verbands Mitteldeutscher Omnibusunternehmer, Tilman Wagenknecht. Einen neuen Parallelverkehr zur Bahn will Verkehrsministerin Keller erklärtermaßen aber nicht einrichten.

Das Land unterstützt nach eigenen Angaben erstmals den Ausbau solcher Linien. Dazu fließen im nächsten Jahr zwei Millionen Euro, 2018 sollen es drei Millionen sein. Das Geld werde zusätzlich in den Busverkehr gesteckt und nicht an anderer Stelle weggenommen, betonte ein Ministeriumssprecher. Die Förderung bekommen zum Beispiel Landkreise, damit sie entsprechende Linien an Busunternehmen vergeben. »Sie werden nicht sofort ausgelastet sein«, warb Wagenknecht um Geduld. »Der Bedarf ist da, er muss nur geweckt werden.«

Der Geschäftsführer sprach von einem Paradigmenwechsel. Er rechnet auf längere Zeit mit wachsenden Fahrgastzahlen. »Es braucht eine Weile, bis sich Menschen, die ein Auto besitzen, auf den Bus umsteigen.« Er verwies auf die Buslinie zwischen Suhl und Hildburghausen, die vor einigen Jahren ausgebaut wurde und auch an Wochenenden mehrfach verkehrt. »Dort sind die Fahrgastzahlen deutlich gestiegen«, sagte Wagenknecht, der auch Chef des Vereins »Bus & Bahn Thüringen« ist, eine Art Interessenverband für Bus- und Bahnunternehmen.

Nach Angaben der Nahverkehrsservicegesellschaft Thüringen haben bereits mehrere Kreise und Verkehrsunternehmen, die im Linienverkehr unterwegs sind, Interesse angemeldet. Um die Förderung für 2017 zu bekommen, sagte Abteilungsleiter Thomas Grewing, sei noch bis zum Ende des Jahres Zeit. »Diese Anträge werden dann geprüft und beschieden.« Derzeit liefen Gespräche auf Arbeitsebene, etwa mit Vertretern der Landkreise Altenburger Land, Greiz, Hildburghausen, Ilm-Kreis und Kyffhäuser, berichtete er.

Das Ministerium hat bereits Vorstellung, wo sich genau neue Buslinien entwickeln könnten: zum Beispiel auf der Strecke von Eisenach über Bad Langensalza nach Sömmerda, zwischen Mühlhausen, Sondershausen und Artern oder von Gera nach Bad Lobenstein. Auf der Karte des Ministeriums sind zudem Städte außerhalb Thüringens aufgeführt, die besser an das Landesliniennetz angebunden werden könnten: zum Beispiel Fulda in Hessen oder Hof in Bayern.

Die Nahverkehrsservicegesellschaft Thüringen prüft laut Grewing die Anträge. Ein Kriterium sei, dass montags bis freitags jeweils acht Fahrten pro Tag und Richtung angeboten werden. Außerdem müssten die Ziele möglichst ohne Umwege angesteuert werden. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel gibt es bereits spezielle Buslinien, die die Städte miteinander verbinden. dpa/nd

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