Mit Adrenalin gegen Kokain

Im Kino: «The Infiltrator»

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

Verdammt, ich liebe Bob Musella«, sagt der Anti-Drogen-Agent Robert Mazur an einer Stelle in Brad Furmans neuem, stark besetzten Thriller »The Infiltrator«. Dabei sind Musella und Mazur ein und dieselbe Person: Fünf Jahre lang schlüpfte Robert Mazur in den 80er Jahren in die Rolle des halbseidenen »Geschäftsmanns« Musella und forschte als Undercover-Cop das internationale Drogengeschäft aus - von den Patrons in Lateinamerika bis zu den Bankern in Europa und den USA. Dabei spielte er als angeblicher Geldwäscher das Bindeglied zwischen diesen beiden Säulen des weltweiten Narco-Business. Furman hat aus der wahren Geschichte einen durchwachsenen Film gemacht, der mit seinen Schauspielern und mit faszinierenden Einzelszenen begeistert, der aber nicht zu einem mitreißenden Ganzen findet.

Viele V-Männer und verdeckte Ermittler sind erpressbare (Ex-) Kriminelle, die von der Polizei (etwa als Gegenleistung für Straferlass) unter Druck gesetzt werden, ihr eigenes ehemaliges Milieu auszuspähen. Auch werden Undercover-Einsätze wegen der harten psychischen Belastung und der Gefahr des »inneren Seitenwechsels« oft zeitlich begrenzt. Insofern kann »The Infiltrator« schon einmal überraschen. Denn beides war bei Mazur (Bryan Cranston) und seinem ungleichen Partner Emir Ebreu (John Leguizamo) nicht der Fall. Sie waren begeisterte Freiwillige. Zwar reicht Mazurs Hingabe nicht so weit wie die von Ebreu: Der Adrenalin-Junkie bezeichnet das nervenaufreibende Versteckspiel inmitten eiskalter Massenmörder als »Lieblingsdroge«. Doch auch der gesetzte und vorsichtige Mazur kann sich dem Thrill seiner Tätigkeit nicht entziehen - ebensowenig wie die Zuschauer. Denn die stärksten Szenen sind die, in denen die Cops fast enttarnt werden, und nur durch furchtlose und draufgängerische Spontanität im Spiel und am Leben bleiben. Wenn sich dann das versteckte Mikrofon in die Haut brennt oder der präparierte Koffer ein laufendes Tonband offenbart, dann hält es einen kaum noch auf dem Sitz.

Woran »The Infiltrator« jedoch ernsthaft krankt, ist der fehlende Zusammenhalt der edlen Einzelteile. So gibt es eine Fülle an Logikschwächen, viele Handlungen erscheinen nur mangelhaft motiviert und sind darum nicht ohne inneren Widerstand nachvollziehbar. Diese Kritik bezieht sich auf fast alle Elemente der Geschichte, die sich jenseits der unter Lebensgefahr aufgezeichneten Treffen mit den Mobstern zutragen.

In einem schwachen Moment erwähnt Mazur/Musella gegenüber Pablo Escobars Häschern eine Verlobte, weshalb noch die Undercover-Agentin Kathy Ertz (Diane Kruger) an seine Seite gestellt werden muss. Das erweist sich als Glücksfall, denn das Bullen-Glamour-Paar freundet sich (im Film etwas zu schnell, zu einfach) mit einem hochkarätigen Koks-Glamour-Paar an: Escobars rechte Hand Roberto Alcaino und seine Frau. Diese aufrichtige Freundschaft war für Mazur Fluch und Segen - sie bot großes Ermittlungspotenzial, barg aber auch ein menschliches Drama.

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