Anspruch und Wirklichkeit
Olaf Standke über Obamas letzten Auftritt in der UN-Vollversammlung
Barack Obama wäre nicht Barack Obama, wenn er nicht auch bei seinem achten und letzten Auftritt als US-Präsident in der Generaldebatte der UN-Vollversammlung kluge Sätze gesagt hätte. Diesen etwa: »Eine Welt, in der ein Prozent der Menschen genauso viel besitzen wie die übrigen 99 Prozent, wird nie eine sichere Welt sein.« Oder: »Wir müssen unsere Herzen öffnen und jene willkommen heißen, die ohne eigene Schuld alles verlassen mussten, was ihnen lieb war.« Den Flüchtlingen dieser Welt hat Obama in New York sogar einen eigenen Gipfel organisieren lassen. Aber es ist wie mit seinen früheren UN-Initiativen, dem Atomgipfel oder dem Anti-Terrorkampf: Bei ihm verläuft die Kluft oft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die von ihm kritisierte Lücke zwischen Arm und Reich zum Beispiel ist in seiner Amtszeit in den USA größer und nicht kleiner geworden. Die Herzen in »Gottes eigenem Land« haben sich bislang gerade mal für 10 000 syrische Flüchtlinge geöffnet, lächerlich wenige, schaut man auf die Flüchtlingszahlen und die Aufnahmequoten anderer Länder. Und was sollte eigentlich sein Sondertreffen, wenn die Vereinten Nationen am Vortag zu einem Flüchtlingsgipfel geladen hatten? Ein »neues Kapitel der Kooperation« hatte Obama bei seinem ersten UN-Auftritt versprochen - geeinter und sicherer ist die Welt nicht geworden.
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